ÖPNV-Ausschreibung: SWN hoffen auf erneuten Zuschlag

Zunächst aber muss Neuss seinen Nahverkehrsplan aktualisieren und Anforderungen festlegen.

Neuss. Die Stadt muss aufgrund einer neuen EU-Verordnung in zwei Jahren ihren gesamten öffentlichen Personennahverkehr neu ausschreiben. Denn die Verträge mit den bisherigen Verkehrsunternehmen laufen im Dezember 2019 aus. „Und wir sind verpflichtet, diese Leistung mit einem Vorlauf von 18 Monaten europaweit auszuschreiben“, berichtet Planungsdezernent Christoph Hölters.

Christoph Hölters, Planungsdezernent

Das ruft die Stadtwerke Neuss (SWN) auf den Plan, die bislang die die meisten Buslinien in der Quirinusstadt betreiben. „Ziel und vordringliches Interesse der Stadt ist natürlich, die Leistung wieder an den bewährten Partner SWN vergeben zu können“, sagt Hölters. Andernfalls, so wurde der Stadtrat schon bei der ersten Ankündigung gewarnt, könnte die Existenz der SWN als Verkehrsunternehmen in Frage gestellt werden — eine „prekäre Situation“, wie es damals hieß.

Doch die Stadt ist nicht machtlos. Ausweg ist eine sogenannte Direktvergabe, mit der Städte unter bestimmten Voraussetzungen Bus- oder Bahnleistungen an stadteigene Betriebe vergeben dürfen. Die Bedingungen müssen allerdings juristisch geprüft und abgesichert werden.

Aber ob Direktvergabe oder öffentliche Ausschreibung: Um Unternehmen ab 2020 wieder mit Nahverkehrsdienstleistungen zu beauftragen, muss Neuss — wie andere Städte — seinen Nahverkehrsplan mit Linien und Takten aktualisieren, Qualitätsstandards festlegen und Anforderungen an Barrierefreiheit beschreiben. „Dabei wird überprüft, welche Haltestellen sich noch lohnen, welche nicht, und ob zum Beispiel Haltestellen in Neubaugebieten eingerichtet werden müssen“, sagt Karl Heinz Baum, Vorsitzender des Unter-

ausschusses Mobilität. Neben den SWN sind die Düsseldorfer Rheinbahn, der Busverkehr Rheinland sowie das Verkehrsunternehmen „NEW aktiv und mobil Mönchengladbach“ (NEW MöBus) in der Quirinusstadt tätig.

Auch die zunehmende Zahl an Zuwanderern in Neuss müsse berücksichtigt werden, erklärt Michael Hohlmann, Aufsichtsratsmitglied der SWN Verkehrs- und Service AG. „An 27 Standorten sind neue Flüchtlingsheime vorgesehen.“ Dort sei Bedarf für zusätzliche Bus- oder Bahnstopps. „Denn die Bewohner haben in der Regel kein Auto.“

Eine Datengrundlage soll eine neue Fahrgasterhebung bieten, die im November startet. Sie soll unter anderem Erkenntnisse darüber liefern, wie viele schwerbehinderte Passagiere mitfahren und wo sie ein- und aussteigen. „Mit dem Umrüsten von Bus- und Bahnsteigen hinkt Neuss hinterher“, sagt Hohlmann. Eigentlich müssten laut Gesetz bis 2022 alle rund 500 Haltestellen barrierefrei sein. Eine Vorgabe, die Neuss nicht einhalten wird. Bislang sind es erst gut 120.

Die Laufzeit der künftigen Bus- und Bahnverträge steht noch nicht fest. „Ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag kann über zehn Jahre geschlossen werden, mit der Möglichkeit, eine Verlängerung von fünf Jahren zu beantragen“, sagt SWN-Sprecher Jürgen Scheer. „Früher erfolgten die Verlängerungen immer für acht Jahre.“

Bei der Düsseldorfer Rheinbahn sieht man den Entwicklungen der kommenden Jahre gelassen entgegen. Sie ist mit den Straßenbahnlinien 709 und U75 auf Neusser Stadtgebiet tätig, die beide ihren Hauptlinienweg in Düsseldorf haben. „Solche kleinen Linienteilstücke könnte kein anderes Unternehmen übernehmen“, sagt Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher. „Sollen die Fahrgäste auf einer Strecke von einer Bahn in eine andere umsteigen? Und wo sollen die Straßenbahnen abgestellt werden?“ Düsseldorf sei dem Beispiel anderer Städte gefolgt und habe zur besseren Abstimmung seines Nahverkehrs sein Verhandlungsmandat an den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) übertragen.