„Schnitt-Gut“: Trotz Handicaps erfolgreich

Fast die Hälfte der Mitarbeiter des Gartenbau-Unternehmens hat eine Behinderung.

Foto: Woitschützke

Kaarst. Derzeit herrscht Hochbetrieb bei der Schnitt-Gut GmbH. Die sechs Kolonnen des Unternehmens, das seinen Sitz an der Straße „Am Bauhof“ in Kaarst hat, fahren täglich aus, um zu mähen, zu pflanzen, Unkraut zu bekämpfen oder Terrassen anzulegen. All das, was von anderen Gartenbaubetrieben auch übernommen wird. Doch Schnitt-Gut ist anders: Denn neun der insgesamt 22 Mitarbeiter haben erhebliche körperliche, geistige oder psychische Behinderungen. Bei dem Unternehmen, das zu 51 Prozent von den St.-Augustinus-Kliniken und zu 49 Prozent von den Gemeinnützigen Werkstätten Neuss (GWN) getragen wird, haben sie jedoch die Chance, eine reguläre Anstellung im ersten Arbeitsmarkt zu finden.

Die Idee zur Gründung dieser GmbH hatten vor einigen Jahren Paul Neuhäuser, Vorsitzender der St.-Augustinus-Unternehmensgruppe, und Christoph Schnitzler, Geschäftsführer der GWN. „Es war ein Zufallsgespräch“, erinnert sich Schnitzler. „Wir als Werkstatt für Menschen mit Behinderung kommen aus dem Arbeitsbereich und die St.-Augustinus-Gruppe mit rund 300 000 Quadratmetern Grünfläche hat Arbeit zu vergeben.“ Gemeinsam gingen die beiden Chefs die Verwirklichung der Idee an und gründeten 2009 Schnitt-Gut als GmbH. Schnitzler sowie Wilfried Gaul-Canjé von den St.-Augustinus-Kliniken wurden als Geschäftsführer benannt. Das Unternehmen war zunächst auf dem Gelände der ehemaligen St.-Alexius-Kliniken in Neuss untergebracht. Stefan Muhr, staatlich geprüfter Techniker aus dem Garten- und Landschaftsbau, wurde als Betriebsleiter bestellt. Bis dahin hatte er noch nie mit behinderten Menschen direkt zusammen gearbeitet. „Es war ein Sprung ins kalte Wasser“, erzählt er.

Bereut hat er diesen Schritt nie. Im Gegenteil: Er hat sich schnell daran gewöhnt, dass in der Zusammenarbeit mit behinderten Menschen klare Strukturen, verlässliche Arbeitsaufteilung sowie eindeutige Vorgaben unerlässlich sind. Wie selbstverständlich für ihn die integrative Zusammenarbeit mittlerweile ist, belegt eine Anekdote: Kürzlich musste er nochmals zu einem privaten Auftraggeber zurückkehren, wo eine der Schnitt-Gut-Kolonnen tätig war. „Ich hatte vergessen, mitzuteilen, dass ein Mitarbeiter taubstumm ist“, sagt Muhr. „Das hätte für Irritationen sorgen können, wenn der Auftraggeber ihn anspricht, doch er nicht reagiert.“

Seit Gründung des Unternehmens ist Schnitt-Gut stetig gewachsen. „Wir überlegen auch zu erweitern“, erklärt Schnitzler. Aber es sei nicht einfach, Facharbeiter zu finden. Und diese benötigt Schnitt-Gut. Denn sechs Vor- sowie drei Facharbeiter leiten die jeweiligen Kolonnen. „Sie sind alle zudem im Umgang mit behinderten Menschen geschult worden“, sagt Schnitzler. Seit 2015 bildet Schnitt-Gut auch aus. Zwei Auszubildende zum Landschaftsgärtner sind derzeit beschäftigt.

Im Umkreis von etwa 30 Kilometern nimmt Schnitt-Gut Aufträge an. Für diese Kundengespräche ist Muhr zuständig. Seine Mitarbeiter übernehmen nicht nur die traditionelle Garten- und Landschaftspflege. Sie plattieren auch Terrassen, legen Bachläufe an, installieren Wasserspiele, liefern und verlegen Rollrasen.

„Die Beauftragung erfolgt aber in den wenigsten Fällen aus sozialen Gründen“, sagt Muhr. „Qualität und Preis müssen stimmen. Da sind wir wie jedes andere Unternehmen in der Pflicht.“