Mehr Mieterschutz schon ab März So wirkt die Mietpreisbremse in Neuss
<irwordspace style="word-spacing 01328125em;"><irglyphscale style="font-stretch 102%;">Neuss </irglyphscale></irwordspace> · Die Landesregierung will den Mieterschutz in Neuss mit drei wesentlichen Neuerungen verbessern. Doch selbst die Wohlfahrtsverbände sind skeptisch.
Die Mietpreisbremse kommt. Voraussichtlich schon ab dem 1. März gelten in Neuss neue Vorgaben für rund 46 000 Mieter – und deren Vermieter. Die Maßnahme wird vom Mieterverein als überfällig begrüßt, vom Verein „Haus & Grund“ verurteilt, aber auch von den Sozialverbänden kritisch gesehen. Die Mietpreisbremse scheine ein probates Mittel zu sein, die Mietspiegel in Kommunen mit einem angespannten Wohnungsmarkt auf einem sozialverträglichen Niveau zu halten, urteilt Sabrina Rast, die die Diakonie im Arbeitskreis „Wohnen und Soziales“ der Wohlfahrtsverbände vertritt. „Allerdings dürfte sie nur unwesentlich Auswirkungen auf den bezahlbaren Wohnraum für einkommensschwache Familien haben“, stellt sie fest. Vor zwei Jahren hatte ein Gutachterbüro im Auftrag der Stadt den Wohnungsbestand analysiert. Von 76 355 Wohnungen in Neuss waren 58,4 Prozent vermietet, der Rest wurde von Eigentümern bewohnt. Aber auch diese große Zahl täuscht nicht darüber hinweg, dass der Bedarf nicht gedeckt ist. Bis 2039 werden 4600 zusätzliche Wohnungen benötigt, von denen 1250 bezahlbar und 1250 öffentlich gefördert sind. Das alleine unterstreicht, was sich auch in ellenlangen Wartelisten beim Neusser Bauverein und der Gemeinnützigen Wohnungs-Genossenschaft niederschlägt: Der Wohnungsmarkt ist angespannt. Das rechtfertigt formal die Einführung der Mietpreisbremse, denn wenn das Angebot klein ist, sind höhere Mieten leichter durchsetzbar. Hinzu kommt, dass – wie eine Studie aus dem Jahr 2019 belegt hat – in kaum einer Stadt des Landes die Mietbelastung größer ist, als in Neuss, also mehr vom Nettogehalt für die Miete ausgegeben werden muss. Es sei daher unverständlich, sagt Claus Nesemann vom Mieterverein Düsseldorf-Neuss. Jetzt kommt sie, und sie bringt drei Verbesserungen aus Mietersicht. Erstens: Bei Neuvermietungen darf der Mietzins nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die wurde in einem zuletzt 2023 aktualisierten Mietspiegel festgehalten, der aber den Nachteil hat, nicht „gerichtsfest“ zu sein. Ein qualifizierter Mietspiegel würde in Mietauseinandersetzungen vor Gericht mehr Gewicht haben, doch auf eine solche Regelung konnte sich die Stadt im vergangenen Jahr nicht verständigen.
Dritte Neuerung: Mieter werden besser vor Eigenbedarfskündigungen geschützt, wenn aus ihrer Miet- eine Eigentumswohnung gemacht wurde. Acht Jahre sollen sie künftig Zeit für einen Umzug haben. Das freut Olaf Peter für seine Eltern, als Vorstand der GWG aber hat er als Unternehmer der Wohnungswirtschaft mit der Bremse auch ein Problem: „Sie nimmt der Branche Spielraum weg, um Investitionen zu tätigen“, sagt er. „Die Mieten sind ja unsere einzige Einnahme.“
Das könnte auch Heiner Kaumanns gesagt haben, der erste Vorsitzende des Vereins „Haus & Grund“. Er nennt die Bremse kontraproduktiv, weil sie Investitionen unattraktiver mache und „den Mietmarkt stranguliert“. Und die Kappungsgrenze von 15 Prozent nennt er unsinnig, weil die Mieten in Neuss im Schnitt nur um zwei bis drei Prozent pro Jahr steigen, also immer unter diesem Wert bleiben.
Fragt sich, wie die Branche nun mit der Bremse umgeht. Heiko Kemper, Mitglied im Maklerring „Neusser Immobilienbörse“, fürchtet zwar, dass ihretwegen künftig weniger gebaut und weniger Wohnraum gekauft wird, vor allem als Renditeobjekt. Er gehe aber mit den meisten Auftraggebern in der Ansicht konform, bei Neuvermietungen die Mieterhöhung unter der Schwelle von zehn Prozent zu halten. „Wohnen muss ja bezahlbar bleiben.“
Diese Forderung hat beim Neusser Bauverein, dem mit 7500 Wohnungen größten Player im Wohnungsmarkt, Satzungsrang. Bei Neuverträgen mehr als zehn Prozent über der Vergleichsmiete zu verlangen, „das machen wir nicht“, stellt der Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich Thiel klar.