Neusser Händler wütend über Altpapier-Regelung Händler kritisieren Altpapier-Lösung

<irwordspace style="word-spacing 00859375em;"><irglyphscale style="font-stretch 102%;">Neuss</irglyphscale></irwordspace> · Die Stadt hat zum Jahreswechsel die Bündelsammlung von Altpapier abgeschafft und verweist auf die kostenlose blaue Tonne. Für die haben manche Händler aber gar keinen Platz. Wie geht es nun weiter?

Sylvia Knab und Helmut Wessels bekommen nahezu täglich Waren angeliefert. Entsprechend viel Altpapier sammelt sich an.

Foto: Simon Janßen

Für Helmut Wessels ist die Sache klar: „So geht es nicht. Die Stadt lässt uns hängen“, sagt der Inhaber des Souvenir-Geschäfts „Neusser Art“ an der Krämerstraße. Was ihn und weitere Händler derzeit umtreibt, ist eine „Systemumstellung“ bei der Abfall- und Wertstofflogistik Neuss GmbH (AWL), die zum Jahreswechsel erfolgte: Die Bündelsammlung von Papier, Pappe und Kartonagen wurde nämlich eingestellt. Heißt: Das Papier wurde bislang gefaltet und zusammengebunden vor die Häuser gelegt und am nächsten Morgen abgeholt. „Das hat immer gut funktioniert“, sagt Wessels.

Dieses Angebot ist nun jedoch weggefallen. Stattdessen soll die blaue Tonne verstärkt zum Einsatz kommen. Die Umstellung hat einen bestimmten Grund: Die nicht sachgemäße Bündelsammlung hat nach Angaben der Stadt in der Vergangenheit durch verwehtes Papier zu einem verunreinigten Stadtbild geführt. Zudem verminderte durch Regen aufgeweichtes Papier, Pappe und Kartonagen die Papierqualität, was wiederum die Entsorgung erschwere. Die blaue Tonne sei dagegen geschlossen und schütze bei Wind und Wetter vor Verunreinigungen.

Negativbeispiel: So sollte die Bündelsammlung nicht interpretiert werden.

Foto: Helmut Wessels

Problem dabei: „Viele Geschäfte haben gar keinen Platz für eine blaue Tonne“, sagt Sylvia Knab vom „Schweizer Stübli“, das sich in der Innenstadt auf Waren rund ums Stricken, Häkeln und Sticken spezialisiert hat. Täglich bekomme sie Waren in großen Kartons angeliefert, nicht selten aus Hartpappe, die nur äußerst schwer zu zerkleinern sei, um sie in einer blauen Tonne zu entsorgen. „Bei der Menge an Pappe würden wir auch niemals mit nur einer blauen Tonne hinkommen. Wie viele sollen wir uns denn hier hinstellen?“, fragt Knabe. Und Wessels fügt provokativ hinzu: „Wir stellen die Tonnen einfach unters Rathaus.“

Auch bei den Neusser Heimatfreunden ist die Altpapier-Problematik schon aufgeschlagen. Weil deren Geschäftsstelle an der Michaelstraße zu klein für eine blaue Tonne ist, hat man nach Angaben des Vorsitzenden Christoph Napp-Saarbourg bereits Kontakt zum Vermieter aufgenommen.

Die Einhorn-Apotheke hat eine individuelle Regelung getroffen

In seiner Einhorn-Apotheke am Büchel profitiert Napp-Saarbourg allerdings von einer individuellen Regelung: Der Großhändler, der die Arzneimittel anliefert, nimmt bei jeder Tour das Altpapier mit. Wäre das nicht der Fall, so betont Napp-Saarbourg, „müsste ich hier anbauen, um die Pappe unterzubringen.“

Die Stadt betont, dass es mit der kostenfreien blauen Altpapiertonne und den rund 100 Altpapiercontainern im Stadtgebiet ausreichend Alternativen zur Entsorgung gebe. Zudem könnten die Bürgerinnen und Bürger auch an der Neusser Mülldeponie Papier, Pappe und Kartonagen kostenfrei entsorgen. Beschlossen wurde die neue Abfallsatzung, die die Systemumstellung beinhaltet, übrigens vom Stadtrat.

Umweltdezernent Matthias Welpmann macht im Gespräch mit unserer Redaktion darauf aufmerksam, dass sich viele andere Städte, auch im Rhein-Kreis Neuss, bereits von der Bündelsammlung verabschiedet haben. „Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass man als Gewerbetreibender per Gesetz dazu verpflichtet ist, seine Papier-Abfälle selbst und ordnungsgemäß zu entsorgen.“ Und mit der blauen Tonne biete die Stadt dabei eine kostenlose Dienstleistung an. Entsprechend wenig Verständnis habe man deshalb für die Beschwerden aus der Händlerschaft. Dennoch bestehe die Möglichkeit, dass sich Händler mit ihren Problemen an die Stadt wenden. „Wir versuchen dann, jedem eine individuelle Lösung anzubieten“, sagt der Umweltdezernent.

Die Blaue Tonne ist vor inzwischen 16 Jahren in Neuss eingeführt worden. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist nach Angaben der Stadt hoch: Fast 70 Prozent der Haushalte entsorgen demnach ihr Altpapier, Pappe und Kartonagen inzwischen kostenfrei zu Hause in dem blauen Gefäß.