Freiflächen-Fotovoltaik in Neuss Bombensuche entlang der Autobahn
<irglyphscale style="font-stretch 993437%;">Neuss/Kaarst</irglyphscale> · Die Solar-Offensive der Stadt Neuss nimmt weiter Formen an. Bombensondierungen an der A 52 sind erste Vorboten für den ersten zusammenhängenden Freiflächen-Solarpark in Neuss. Offen ist, wer da als Investor agiert.
Den Acker südlich der Autobahn 52, auf dem ein Landwirt aus Meerbusch im Herbst Wintergerste gepflanzt hat, durchziehen derzeit tiefe Fahrspuren. Die haben Mitarbeiter eines Dürener Unternehmens zur Kampfmittelbeseitigung hinterlassen, die derzeit zwischen der Autobahn, der Bahnstrecke Neuss-Krefeld und dem Ortsteil Vogelsang nach brisanten Resten aus dem Zweiten Weltkrieg suchen und – neben jeder Menge Schrott – auch gefunden haben.
Diese Sondierungen werden, wie eine Sprecherin der Bezirksregierung bestätigt, im Auftrag des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Rheinland vorgenommen. Der hat um Überprüfung von zwei Flächen gebeten, von denen eine auf Neusser Stadtgebiet liegt, die andere in Kaarst, in der Nähe der Lauvenburg. Beide Flächen, die nach Ansicht von Experten zusammen mindestens 20 Hektar groß sind, sollen zum Aufbau einer Freiflächen-Fotovoltaikanlage genutzt werden.
Solche Vorhaben gelten in einem 200 Meter breiten Streifen beiderseits von Autobahnen und zweigleisigen Schienenwegen als privilegiert und können daher, wie der Neusser SP-Fraktionsvorsitzende Sascha Karbowiak erklärt, ohne ein formelles Bauleitplanverfahren realisiert werden. Deshalb hatten sich die Stadtwerke, die quer durch die ganze Bundesrepublik bereits an zehn Solarparks finanziell beteiligt sind, schon im vergangenen Jahr mit einem solchen Vorhaben beschäftigt. Sie wollen in einem interkommunalen Projekt einen solchen Fotovoltaikpark mit einer Nenn-Leistung von mehr als 30 Megawatt gemeinsam mit den Stadtwerken Willich und Meerbusch umsetzen.
Die Standortfrage ließen sie damals offen – und tun das noch immer. „Wir sind kein Akteur in diesem Verfahren“, betont Stadtwerkesprecher Jürgen Scheer. Zurückhaltend reagiert auch Andrea Steffen: „Die Stadtwerke Meerbusch und Willich verfolgen diverse Projekte in der Region im Bereich der erneuerbaren Energien“, berichtet die Unternehmenssprecherin auf Nachfrage. „Aktuell befinden wir uns jedoch noch in einer frühen Phase der verschiedenen Fotovoltaik-Projekte und möchten mögliche Vertragspartner daher nicht übervorteilen.“
Die Zurückhaltung
könnte ein Hinweis sein
Die Zurückhaltung könnte ein Hinweis auf komplizierte Verhandlungen im Hintergrund sein. Es könnte aber auch sein, dass der Besitzer der Flächen – dem Vernehmen nach der Inhaber eines Düsseldorfer Wohnungsunternehmens – das Projekt selbst als Investor realisieren möchte. Doch wer auch immer investiert – er beschneidet die Möglichkeiten der Landwirtschaft. „Das ist ja unser Problem“, sagt der Kaarster Ortslandwirt Johannes Küppers. Er und seine Standesgenossen in der Region würden aktuell zwischen 400 und 600 Euro Pacht je Hektar und Jahr zahlen, Investoren in solche Projekte zur Energiegewinnung könnten dagegen ein Vielfaches dessen bieten.
Dieser Zwiespalt ist auch den Verantwortlichen in Rathäusern und Räten bewusst. Die Stadt Kaarst hatte deshalb schon im vergangenen Jahr eine Potenzialflächen-Analyse in Auftrag gebeben, mit deren Ergebnis die Politik nicht ganz einverstanden war. Sie wollten wertvollen Ackerboden nicht ohne Weiteres für die Stromerzeugung preisgeben. Deshalb wurde der Suchkorridor entlang von Schienen- und Straßenwegen auf 500 Meter ausgeweitet. Das macht zwar die Aufstellung eines Bebauungsplans nötig, aber das kann ja auch von Vorteil sein, weil Stadt und Politik ein Wörtchen mitzureden haben.
In Neuss kam die Diskussion über Freiflächen-Fotovoltaikanlagen schon 2023 in Gang. Damals beantragten SPD und Grüne, Flächen für solche Anlagen zur Erzeugung umweltfreundlicher Energie zu identifizieren. „Seitdem“, resümiert Karbowiak zufrieden, „ist der Ausbau von Fotovoltaik ein größerer Baustein im Klimaschutzkonzept“. Darin heißt es ausdrücklich: „Ziel ist es, möglichst viele Solar-Anlagen auf den städtischen Liegenschaften zu realisieren und die Installation von PV-Anlagen von Privaten sowie Freiflächen-Fotovoltaikanlagen zu unterstützen.“