SPD und CDU wollen Große Koalition im Rat bilden
Parteien nehmen Sondierungsgespräche auf. FDP und Zentrum zeigen sich von der Entscheidung überrascht.
Dormagen. „Die Fraktionen von SPD und CDU haben sich darauf geeinigt, in Gespräche für eine mögliche Zusammenarbeit im Rat zu treten“, heißt es in einer Pressemitteilung, die SPD und CDU gestern verbreitet haben. Dieser Paukenschlag hallt kräftig nach. Vor allem bei FDP und Zentrum, die sich am Montag noch als natürliche Verbündete in einem bürgerlichen Lager sahen. „Eine Große Koalition — das überrascht mich doch sehr“, sagte FDP-Fraktionsvorsitzender Karlheinz Meyer, „jetzt geht es mit der CDU ganz bergab“. „Ich fühle mich von der CDU getäuscht“, sagt Hans-Joachim Woitzik (Zentrum). In den nächsten Tagen soll es konkrete Gespräche für die „GroKo“ geben, Zielmarke ist die Ratssitzung am 3. November, wo SPD und CDU als Koalition auftreten wollen.
Den Wechsel aus dem bürgerlichen Lager ins sozialdemokratische Boot löste letztlich der Antrag der FDP aus, wonach die Ausschüsse aufgelöst und neu besetzt werden sollten, um so die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat in den Ausschüssen aus ihrer Sicht fairer abzubilden. Doch dafür fand CDU-Fraktionschef Kai Weber keine Mehrheit im Vorstand, obwohl die Initiative dazu noch zu Zeiten des Bürgerlichen Bündnisses von der CDU ausging.
Aber die Vorbehalte gegen das Verhalten des Zentrums, das durch die Umbesetzung fünf Ausschusssitze mehr bekommen sollte und bei der Abstimmung eine Zählgemeinschaft mit den Einzelratsmitgliedern von Alfa und Ein Herz für Dormagen bilden wollte, waren bei den Christdemokraten offenbar zu groß. Da kam das Angebot der SPD — genauer gesagt von Bürgermeister Erik Lierenfeld — gerade recht: „Es hat mich total überrascht“, so Weber. Er reagiert pragmatisch und lobt bereits die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden großen Fraktionen, die 16 (CDU) bzw. 15 Sitze (SPD) im Rat haben. Von großen Streitpunkten wie bei den Haushaltsberatungen, als CDU/FDP/Zentrum Steuererhöhungen ablehnten, die von der SPD mitgetragen worden wären, oder wie bei der Einführung einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft, wo beide Fraktionen unterschiedliche Ansätze verfolgten — davon ist keine Rede mehr. Weber sagt vielmehr: „Die SPD bewegt sich deutlich auf uns zu, das zeigt das Beispiel Wirtschaftsförderung.“ So sahen es offenbar auch die anderen: „Dann schlug in der Sitzung unserer Großen Fraktion das Pendel in Richtung SPD.“ Bernhard Schmitt, Fraktionsführer der SPD, sagt denn auch artig, „ich sehe nicht so die großen Unterschiede zwischen uns“. Er konkretisiert: „Der FDP-Antrag hat das Fass zum Überlaufen gebracht.“ Die SPD bedankt sich bereits, indem sie der CDU zusagte, dass Kämmerin Tanja Gaspers (CDU) den Aufsichtsratsvorsitz in der neuen Wirtschaftsförderungsgesellschaft einnehmen könne.
Dormagen ist erprobt in Sachen Große Koalition: 2006 bastelten Wiljo Wimmer (CDU) und Robert Krumbein (SPD/heute Erster Beigeordneter im Rathaus) eine solche Zusammenarbeit. Laut Meyer werde es künftig „FDP pur“ geben. Zentrum-Chef Woitzik sagt kämpferisch: „Ich kann Opposition.“ Weiter: „Es gibt überhaupt keinen Grund, das bürgerliche Lager zu verlassen. Noch vor vier Monaten wurde uns aus der CDU eine hundertprozentige Zustimmung für das bürgerliche Lager gegeben.“ Kai Weber räumt ein, dass eine Profilierung der CDU innerhalb einer Großen Koalition mit einem SPD-Bürgermeister „eine große Herausforderung“ ist.