Suche nach Mikroschadstoffen startet
Der Erftverband prüft, wie hoch die Konzentration von schädlichen Substanzen, etwa aus Arzneien, im Erft-Wasser ist.
Grevenbroich. Sie sind mit dem bloßen Auge nicht sichtbar, doch sie beschäftigen den Erftverband: Mikroschadstoffe. Der Verband untersucht zurzeit, wie hoch die Konzentration dieser chemischen Substanzen im Erft-Wasser ist und wo sie herkommen. Diesem Zweck dient ein Untersuchungsprogramm, für das unter anderem an den Kläranlagen in Noithausen und Wevelinghoven Wasserproben entnommen werden. „Damit stellen wir neue Weichen. Vergleichbare große Untersuchungen sind uns an anderen Flüssen in Nordrhein-Westfalen nicht bekannt“, betont Heinrich Schäfer, Bereichsleiter für Abwassertechnik in Bergheim.
Heinrich Schäfer, Bereichsleiter für Abwassertechnik
Bei diesen Mikro-Schadstoffen handele es sich entweder „um industrielle Produkte oder um Arzneimittel, die vom Körper nicht abgebaut werden oder — wie Salben — beim Duschen abgewaschen werden und so ins Abwasser gelangen“, erklärt Schäfer. Laut Verband waren sie bis vor wenigen Jahren noch nicht nachweisbar. „Diese Mikroschadstoffe beschäftigen die Wasserwirtschaft zunehmend“, sagt Schäfer. Das Problem: „Einige Wissenschaftler befürchten, dass die Schadstoffe sich in Organismen im Wasser, in Fischen und Kleinlebewesen anreichern und deren Organismus schädigen.“ Zudem sei festgestellt worden, dass Anti-Baby-Pille oder Arzneimittel zur Hormon-Veränderung bei Fischen geführt hätten. Fürs Trinkwasser bestehe aber, so betont Schäfer, keine Gefahr. Dafür sei die Konzentration zu gering, zudem würden die Schadstoffe bei der Trinkwasseraufbereitung „ausreichend entfernt“.
Der Erftverband betreibt nun Grundlagenforschung: „Die vorliegenden Daten sind nicht ausreichend, um Aussagen für die Erft zu treffen. Wir wollen Erkenntnisse gewinnen, wie hoch die Konzentration ist, wo die Stoff-Ströme herkommen — um zu wissen, was uns erwartet“, betont Schäfer. Daten dazu soll nun das Untersuchungsprogramm bieten, das vom Land mit 500 000 Euro bezuschusst wird.
„Wir untersuchen das Wasser an zehn Punkten am Unterlauf der Erft.“ Die nördlichsten Punkte bilden die Kläranlagen in Noithausen — die Anlage entwässert dort in den Wevelinghovener Graben und dann in den Fluss — und in Wevelinghoven. Erftverbands-Mitarbeiter nehmen an den Kläranlagen regelmäßig Wasserproben — „im Bereich vor und hinter der Einleitung sowie am Abfluss der Kläranlage.“ Die Proben werden auf 60 Parameter untersucht — auf Arznei-Wirkstoffe ebenso wie auf Korrosions- und Frostschutzmittel sowie Röntgenkontrastmittel.
In einem halben Jahr soll die Probeentnahme abgeschlossen sein. In einem begleitenden, dreijährigen Projekt werden zudem Auswirkungen auf Organismen untersucht.
Weitere Fragen sind, „ob und wo eine Spuren-Elimination notwendig ist und wie die Beseitigung umgesetzt werden soll“, sagt Schäfer. Bei einem Pilotprojekt wird in der Kläranlage in Bergheim-Glessen versucht, die Spurenstoffe mit Hilfe von Aktivkohlefiltern aus dem geklärten Wasser herauszuholen.