Werhahn: Vom Holzhandel zur internationalen Firma
Vor 175 Jahren legte Wilhelm Werhahn den Grundstein zum heutigen Familienunternehmen Wilh. Werhahn KG.
Neuss. Schaut Anton Werhahn aus dem Konferenzbereich im achten Stock des Verwaltungsgebäudes an der Königstraße 1 Richtung Osten, sieht er den Hafen. Im Hafen legte sein Ur-Ur-Großvater Wilhelm vor 175 Jahren mit einem Holzhandel den Grundstein zur heutigen Wilh. Werhahn KG. Der Schriftzug „Diamant“ markiert die Mehlmühle an der Hansastraße, die viele Jahrzehnte für werhahn’sches Unternehmertum in der Stadt stand, aber vor zwei Jahren verkauft wurde. Noch weiter in der Ferne erhält die Zukunft einen Namen: Bank 11 steht auf dem Dach eines mächtigen Bürohauses. Die Autobank, eine Neugründung im Jahr 2011, ist auf Expansionskurs und schon ertragreich.
Wird über die Stadt Neuss, ihre Tradition und ihre Kaufmannschaft gesprochen, fällt schnell der Name Werhahn. Die Familie gilt als prägend. 400 Gesellschafter hat das Unternehmen heute. Alle gehören zur Familie, zu einem der drei Stämme. Mit einer Ausnahme: Kathrin Dahnke (55). Scheidet sie als Finanzvorstand aus, scheidet sie auch als persönlich haftende Gesellschafterin aus. So hat das bei Wilh. Werhahn Tradition.
Von den 400 Gesellschaftern lebt noch heute jeder zweite nicht weiter als 120 Kilometer von Neuss entfernt. Die schauen in der Konzernzentrale in der Innenstadt auch schon mal unangemeldet vorbei. „Wenn ich da bin und etwas Zeit habe, empfange ich unsere Gesellschafter auch spontan“, sagt Anton Werhahn, „das ist doch normal.“
Der 57 Jahre alte Vorstandsvorsitzende spricht unaufgeregt, wirkt bescheiden. Er muss aber zielorientiert und machtbewusst sein, sonst könnte er den Mischkonzern, der zu den größten Familienunternehmen Deutschlands zählt, nicht leiten. Weltweit ist die Werhahn-Gruppe Arbeitgeber für 9400 Menschen, organisiert in 186 Gesellschaften. Nur knapp 300 Angestellte sind es in Neuss. Die Frage, Neuss als Konzernsitz aufzugeben, habe nie im Raum gestanden. „Hier kommen wir doch her“, sagt Werhahn. Profitiert die Stadt? Ist das Unternehmen auch ein guter Gewerbesteuerzahler in Neuss? Die Antwort typisch Werhahn: „Das denke ich doch.“
Die Wilh. Werhahn KG ist ein Familienunternehmen — und sie will es auch bleiben. Neben Konzernchef Anton sind „direkt darunter“ in der zweiten Führungsebene drei Familienmitglieder tätig. Die Förderung des Familiennachwuchses hat System. Alle zwei Jahre findet eineinhalb Tage lang ein Workshop für Gesellschafter im Alter von 18 bis 35 Jahren statt. Bis zu 90 junge Familienmitglieder nehmen teil, lernen sich kennen, gewinnen Einblick in das betriebliche Denken und Handeln oder finden vielleicht Interesse, ins Unternehmen einzusteigen.
Werhahn wird 175 Jahre alt. Morgen wird gefeiert. Die Erfolgsgeschichte, die den Weg vom Holzhandel zum international agierenden Unternehmen beschreibt, war nur möglich, weil sich die Verantwortlichen von einer unternehmerischen DNA leiten ließen: die Risiken verteilen (Diversifikation), sich auf strategisch wichtige Geschäftsfelder konzentrieren (Fokussierung), immer in der Lage sein, sich Marktentwicklungen anzupassen (Wandlungsfähigkeit). Heute erzielt die Werhahn KG mit drei Sektoren (Baustoffe, Konsumgüter, Finanzen) einen Umsatz von 3,2 Milliarden Euro. Vor der Zukunft ist Anton Werhahn nicht bange. Er kündigt für die Jahresrechnung 2015 einen „enormen Ertragszuwachs“ an.