Zins-Derivate: Bislang eine Million durch Finanzgeschäft verloren

Stadtspitze gesteht einen Millionenverlust durch riskante Geschäfte mit der Deutschen Bank ein

Neuss. Schnell wollte Bürgermeister Herbert Napp in der Ratssitzung am Freitagabend in die eigentliche Tagesordnung einsteigen, als die Politiker-Runde am Punkt Einwohnerfragestunde angekommen war. Ein paar Bürger wollten das Stadtoberhaupt dann aber doch noch ein wenig mit ihren Anliegen löchern.

Darunter war eine hartnäckige Dame, die zu ihrer eigenen Überraschung in der ARD-Fernsehsendung Monitor tags zuvor plötzlich Kämmerer Frank Gensler auf dem Bildschirm erblickte, der zu einem für die Stadt unbequemen Thema Stellung bezog.

Es geht dabei um dubiose Finanzgeschäfte, so genannte Zins-Derivate, bei denen man auf die Entwicklung von Zinsentwicklungen "wettet". Wie bei Pferdewetten - und da kennt sich die Stadt Neuss ja auch sehr gut aus - setzt man auf den möglichst richtigen Zinssatz.

Jede dritte Gemeinde, in deren Haushaltskasse ein dickes Loch klafft, soll sich bereits zusammen mit Banken als Vertragspartner auf diesen riskanten Finanzpoker eingelassen haben. Unter anderem halt auch Neuss - vermittelt durch die Deutsche Bank, die für ihre Beratung zudem fürstlich entlohnt wurde, so Monitor.

Im Interview mit dem Polit-Magazin räumte Kämmerer Frank Gensler ein: "Ein bilanzieller Verlust von 16 Millionen Euro, im schlimmsten Fall, sollte angesichts eines so fachkundigen Partners wie der Deutschen Bank in gar keinem Fall entstehen können." Auf die Frage des Reporters, ob dieser Fall denn nun eingetreten sei, antwortete Gensler: "Das ist so!"

Zurück zur Ratssitzung: Napp fühlte sich bei diesem Thema sichtlich unbehaglich, zumal die engagierte Frau nicht locker ließ. Ob diese Summe, immerhin gehe es um Steuergelder, denn stimme, wollte sie wissen. "Nein", so Napp, "bisher beläuft sich der Verlust auf eine Million Euro" - bisher, wohl bemerkt. Ja, er sei natürlich in die Entscheidung mit eingebunden gewesen. Und nein, für personelle Konsequenzen innerhalb der Verwaltung sehe er keinen Anlass.

So ganz hatte der Bürgermeister seinen bissigen Humor dann aber doch nicht verloren: "Der Deutschen Bank würde ich diese personellen Konsequenzen schon eher anraten. Die hat uns ganz außerordentlich schlecht beraten."

Neuss hat dem Anschein nach allerdings noch Glück gehabt. Bei einem anderen Beispiel, der Stadt Hagen, ist von einem Verlust in Höhe von 48 Millionen Euro die Rede.