Auch die Kühe sind schon weg
Landwirt Hans-Jürgen Piepenbrink (60) ist der letzte aktive Landwirt in Horath.
Horath. Der Onkel von Hans-Jürgen Piepenbrink spannte zum Säen noch den Ackergaul an. "Der hatte Angst, dass der Traktor die Erde zu stark zusammendrückt", schmunzelt der Landwirt, der den Hof in Horath in der fünften Generation betreibt. Für den 60-Jährigen selber wird es wohl keinen Nachfolger geben: Die Töchter haben mit 13 und 16 Jahren noch einen weiten Weg bis zur Berufsausbildung vor sich, der Hof mit seinen 22 Hektar genügt modernen Ansprüchen nicht mehr. "Von dieser Betriebsgröße kann man nicht mehr leben", bedauert Piepenbrink.
Während früher Horath ein knappes Duzend Landwirte vorweisen konnte, bleibt er nun als einziger übrig. Als er Anfang der 60er Jahre erst bei seinem Onkel mithalf und dann 1970 den Hof übernahm, tummelten sich dort neben den Kühen noch Schweine, Hühner und Gänse. Piepenbrink entschied sich für eine Spezialisierung auf Milchvieh und Rindermast.
Doch der Druck nahm in den 80er Jahren immer weiter zu. "Früher haben wir oft mehr als 70 Pfennige für den Liter Milch bekommen. Heute sind es nur noch 26 bis 28 Cent", seufzt der Landwirt, der deshalb seine Milchkühe im Frühjahr abgeschafft hat. Die Leistung des Viehs hingegen stieg beachtlich: Während eine gute Kuh in den 70er Jahren 4500 bis 5000 Kilo Milch im Jahr gab, sind es heute 9000 Kilo und mehr.
Musste früher der Bauer die Milch von der Melkanlage noch per Eimer in Kannen gießen, läuft diese nun automatisch in einen großen Kühltank, wo sie der Molkereiwagen dann heraussaugt. Und dieser stammt nicht mehr aus dem Nachbarort und fährt nach Wuppertal, sondern er kommt aus Neuss und liefert die Milch nach Köln.
Auch die Getreideernte profitiert von der Modernisierung. Der Unkrautvernichter wird nun grammgenau verteilt und dadurch deutlich niedriger dosiert als früher. "In den 60er Jahren mussten wir die gebundenen Garben noch per Hand auf dem Feld schichten, dann sind sie dort tagelang getrocknet, und im Winter haben wir sie nach und nach gedroschen."
Heute erledigt der Mähdrescher all diese langwierigen Arbeitsschritte in zwei Stunden und macht so den Landwirt unabhängiger vom Wetter. "Dadurch waren aber große Silos nötig, weil plötzlich große Mengen Getreide auf einmal anfielen", erklärt Piepenbrink. Durch die Maschinen kann nun ein Landwirt alleine große Flächen und Tierzahlen versorgen. Die Anschaffung jedoch lohnt sich nur für große Betriebe. So verfügen moderne Rinderhalter über Anlagen, die automatisch den Mist wegtransportieren, und über Melkstände, bei denen die Kühe bequem in Arbeitshöhe stehen. Aus dem kleinen Familienbetrieb wird so ein Großunternehmen, das sich auf einem globalisierten Markt stetig behaupten muss.