Internationaler Frauentag Die „Liste der Ungleichheiten“ bleibt lang

Niedersprockhövel · IG Metall lud zum Internationalen Frauentag in sein Bildungszentrum. Dort gab es eine Theateraufführung.

Die Bundesregierung wurde im IG Metall Bildungszentrum kritisiert.

Foto: Bartsch,G. (b13)

. Mit Emanzipation und Gleichberechtigung aus gleich drei Blickwinkeln hat sich am Mittwochabend eine Veranstaltung der Industriegewerkschaft (IG) Metall im Bildungszentrum Sprockhövel befasst. Anlässlich des am Freitag, 8. März, begangenen Internationalen Frauentages widmete sich das Treffen neben Fragen der Gleichstellung aus Gewerkschaftssicht auch philosophischen Themen sowie einem Bühnenprogramm, das die klassischen Geschlechterrollen hinterfragt. Eingeladen zu dem Abend hatten die IG-Metall-Geschäftsstellen in Gevelsberg-Hattingen, Witten und Wuppertal.

Begrüßt wurden die Besucherinnen und Besucher des Abends von der 1. Bevollmächtigen der IG Metall Gevelsberg-Hattingen, Clarissa Bader, die den Stab zügig an die Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Witten, Jennifer Schmidt, weiterreichte. Auch wenn es schon Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter in Deutschland gebe, so sei die „Liste der Ungleichheiten“ nach wie vor recht lang, erklärte Schmidt. Es existiere weiterhin eine „Entgeltlücke“ bei den Gehältern zwischen Männern und Frauen. Wer als Frau in Führungsposition aufsteigen wolle, stoße früher oder später an eine „gläserne Decke“.

Auch mit Blick auf die alles umfassende Digitalisierung konnte die Gewerkschaftssekretärin keine Entwarnung geben. „Die Digitalisierung wird von Männern dominiert“, mahnte sie. Bei den Beschäftigten liege die Zahl der Mitarbeiterinnen unter 30 Prozent, im Studiengang Informatik sei in Deutschland nur jede fünfte Studierende eine Frau. Dabei könnten Frauen gerade aufgrund ihrer besonderen sozialen und emotionalen Kompetenzen eine wichtige Rolle in der Digitalisierung der Gesellschaft übernehmen und jene Fähigkeiten ausgleichen, die den Maschinen fehlten.

Oftmals fehlt es in den
Betrieben noch an Transparenz

Doch so groß die digitalen Herausforderungen auch seien, die Werte und Forderungen der IG Metall in Sachen Gleichstellung blieben zunächst einmal analog, betonte Schmidt. Es gehe um mehr Einfluss für die Frauen, mehr Freiheit bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie mehr finanzielle Gerechtigkeit. Um letztere zu erreichen, verwies die Gewerkschaftssekretärin auf das im Juli 2017 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz, das Betriebe verpflichtet, für Klarheit bei der Bezahlung von Männern und Frauen zu sorgen.

Bislang fehle es jedoch noch an der Umsetzung in den Betrieben, sagte Schmidt. Bis dato hätte sich erst in etwa jedem zehnten Unternehmen eine Mitarbeiterin an den Betriebsrat gewandt, um Aufklärung über möglicherweise bestehende Gehaltsunterschiede zu erhalten. Hier müsse offenbar noch Bewusstsein in den Betrieben für das Verfahren geschaffen werden, zudem sei es nötig, dass der Gesetzgeber mehr Druck auf die Arbeitgeber mache, damit diese von sich aus nachweisen müssten, dass sie alle ihre Mitarbeiter fair bezahlen.

Zu seinem 20. Geburtstag stellte sich auch der Sprockhöveler Frauensalon „PhiloSofa“ vor, in dem Frauen seit zwei Jahrzehnten Fragen rund um Themen wie Gleichberechtigung und Geschlechterrollen diskutieren. Die Teilnehmerinnen lesen politische und literarische Texte und Briefe, denken über Frauen in der Gesellschaft nach und diskutieren Lösungsmöglichkeiten. Der Kreis trifft sich drei- bis fünfmal pro Jahr im IG-Metall-Bildungszentrum, bislang hat er 71 Salonabende absolviert. Zudem hatte der Frauensalon 2010 den ersten Anneke-Preis für Bürgerrechte und Bildung erhalten.

Auch eine künstlerische Annäherung an die traditionelle, aber möglicherweise auch nicht mehr ganz zeitgemäße Rollenverteilung unter den Geschlechtern stand auf dem Programm. Hendrikje Winter vom Krokodil-Theater in Tecklenburg zeigte „Henriette am Herd“ und spielte eine etwas überspannte Titelheldin, die den fünften Hochzeitstag zu einem umfangreichen Koch-Procedere für ihren Ehemann Raphael nutzt. Dass Henriette dabei mit ihren Handwerkszeugen in der Küche sowie den verarbeiteten Lebensmitteln spricht und sie auch mit Vornamen personalisiert, macht die Sache nicht gerade besser. Gerne würde Henriette ja ihre kulinarischen Kompetenzen in einem Kochbuch zusammentragen, doch ihr Ehemann – immerhin Cheflektor der Kochbuch-Abteilung in einem Verlag – winkt nur ab. Da bleibt dann als Frustbewältigung eben nur die Selbstverwirklichung am heimischen Herd.