Freizeit: Wandern durch hohle Gassen

Rund um Obersprockhövel führt eine neun Kilometer lange Route mit 23 Stationen.

Obersprockhövel. "Durch diese hohle Gasse muss er kommen." Wer den "Wilhelm Tell" gelesen hat, wird sich heute noch fragen, weshalb wohl "kein andrer Weg nach Küssnacht" führt. An der Agenda-Strecke Obersprockhövel könnte die Erleuchtung kommen. "Wir sehen hier einen alten Hohlweg", erklärt Erich Schultze-Gebhardt und bittet die Wandergruppe zur kurzen Rast.

"Diese Wege zwischen Grundstücken wurden öffentlich genutzt. Die Bauern haben zu beiden Seiten Zäune gesetzt, um klar zu machen, dass sie jenseits davon keine Steuern zahlen." Dabei kümmerte es sie wenig, dass Wilhelm Tell seinem Opfer ausgerechnet auf einem solchen Engpass auflauerte.

"Das wäre ein hervorragender Wanderweg", sagt Schultze-Gebhardt, doch Schutt, Grünschnitt und Wildwuchs machen die hohle Gasse unpassierbar. Hervorragend gepflegt ist dank Agenda 21 jedoch die knapp neun Kilometer lange Runde um Obersprockhövel ab dem Bildungszentrum der IHK an der Otto-Brenner-Straße 100, die den Hohlweg quert.

Während Stadtarchivarin Karin Hockamp eine große Gruppe über den gesamten Agenda-Weg mit 23 Stationen führt und Renate Zinke mit anderen Teilnehmern den Geheimnissen der Natur auf den Grund geht, leitet Schultze-Gebhardt seine Mannschaft auf Abkürzungen zu kulturhistorisch bedeutenden Stationen: ehemalige Schule Löhen, eine alte Mautstelle an der Kohlenstrecke, Häuser aus Sandstein mit Einschlüssen von Eisen, das in kleinen Hütten verarbeitet wurde.

Geld kam mit der Kohle in die bislang arme Gemeinde. Dabei erinnert Schultze-Gebhardt daran, dass sie wie ein rohes Ei zu behandeln war: "Für Kohlenstaub gab es lange Zeit keine Verwendung, er wurde auf Hügeln aufgehäuft. Als Kinder haben wir uns dort gern aufgehalten, weil es so schön warm war. Für uns waren das Vulkane."

Unbezahlbare Erinnerungen von einem Mann, der auch darüber schrieb, dass Sprockhövel einst am Äquator lag und deshalb über Kohlevorkommen verfügt. Wissen zum Wanderweg haben Hockamp, Zinke und er in einem Buch zusammengetragen. Die jüngste Teilnehmerin der Wanderung kümmert all das wenig: Hündin Shila ist unbedacht hinter einen Zaun geraten und sucht wie Tells Opfer einen Fluchtweg.