Ladenschluss nach 85 Jahren
Geschenke Stock: Der Haßlinghauser Traditionsgeschäft hat dicht gemacht – ein Nachfolger fehlte.
Haßlinghausen. "Gegenüber der evangelischen Kirche an der Wittener gibt es Porzellan und Schreibwaren. Selbst alt eingesessene Haßlinghauser können sich nicht erinnern, dass das jemals anders war. "Geschenkartikel Stock" - im Ort war das seit 1923 eine Institution. Doch seit Anfang März sind die Auslagen leer - das Ende eines Familienbetriebs nach drei Generationen. Wie so oft fand sich kein Nachfolger in der Familie und so wird jetzt nach einer neuen Nutzung gesucht. In den nächsten Wochen zieht zumindest in einen Teil ein Golfladen ein.
"Am 29. Februar, als wir zugemacht haben, war das schon komisch", gibt Karl-Heinz Stock unumwunden zu. Inzwischen hat der 69-Jährige sich damit abgefunden, den Laden, den Vater Walter einst gründete, aufgeben zu müssen und tröstet sich damit, noch nebenan die kleine Druckerei zu betreiben. Die ist fast 120Jahre alt und wurde einst von Großvater Carl aufgebaut.
"Ich mache das so lange es noch geht", sagt Schriftsetzer- und Buchdruckermeister Karl-Heinz Stock und zeigt stolz die beiden blitzenden Buchdruckmaschinen von 1950, die mit ihren Druckvorlagen aus Bleilettern im PC-Zeitalter wirken, wie aus einem Museum. Ihren Zweck erfüllen sie immer noch tadellos.
Tradition spielt in der Familien Stock offenbar eine große Rolle, denn auch die beiden Söhne sind dem Druck treu geblieben. Sie haben allerdings Kommunikationstechnologie studiert. "Da kann man von ihnen doch nicht verlangen, eine solche Druckerei zu übernehmen", sagt Mutter Barbara verständnisvoll. Das gleiche Verständnis bringt sie für ihre Schwiegertöchter auf, für die die Übernahme des Porzellangeschäfts ebenfalls nicht in Frage gekommen sei.
"Als jetzt Mitarbeiterin Waltraud Meyer, die seit 40 Jahren im Laden bediente, in den Vorruhestand ging, war auch für Barbara Stock die Zeit zu sagen: Es geht nicht mehr. Sie war ohnehin erst vor vier Jahren - nach dem Tod ihrer Schwiegermutter Erna - aktiv eingestiegen. Erna Stock war über 40 Jahre lang die Seele des Geschäfts gewesen, stand selbst mit über 80 Jahren noch im Laden.
"Wir haben versucht, danach das Sortiment etwas jünger zu gestalten und auch neue Kunden gewonnen, aber alleine kann ich das jetzt einfach nicht mehr machen", sagte Barbara Stock. "Dass ich immer noch in der Stadt von ehemaligen Kundinnen angesprochen werde, die mir sagen wie schade das ist, freut mich doch sehr", gibt sie zu. "Sag bitte Dorf nicht Stadt", wirft ihr Gatte ein, denn Haßlinghausen, dass ist für ihn immer noch eine kleine überschaubare Welt.
Beide hoffen, dass sie bald einen zweiten Mieter finden, der mit seiner Geschäftsidee auch in den Ort passt. "Ich könnte mir ein Spielwarengeschäft gut vorstellen", sagt Barbara Stock. Schließlich wurden in den Anfangsjahren bei Stocks sogar Fahrräder verkauft. Zumindest ein Stück Tradition weiterführen, dagegen hätten sie sicher nichts.