Glocken-Fiasko: Überführung steht derzeit auf der Kippe

Am Samstag soll die Glocke Romanus nach Niedersprockhövel überführt werden. Aber es gibt Probleme bei den Vorbereitungen.

Sprockhövel. Wie der Glöckner von Notre-Dame hockt Theo Verheyen dicht unter der Turmspitze der ehemaligen Kirche an der Kleinbeckstraße. Was ihn in dieser misslichen Lage noch am deutlichsten von Quasimodo unterscheidet, ist das Handy, über das er seine Schwierigkeiten schildert.

Für einen Laien klingen sie nach böhmischen Dörfern, also überträgt der Kollege Peter Marzinzik die Problematik in eine verständliche Formel: "Bei den örtlichen Gegebenheiten ist es leider nicht möglich, die Glocken mit den üblichen Hebewerkzeugen auszuhängen." Womit sich ein Fiasko ankündigt.

Mit Pauken und Trompeten haben die Evangelische Kirchengemeinde und der Heimat- und Geschichtsverein Sprockhövel bereits eine große Glocken-Fahrt angekündigt. Kaum hatte sich der Wuppertaler Spediteur Martin Strelow bereit erklärt, die Transportkosten zu übernehmen, war das Ereignis terminiert worden: Am kommenden Samstag ab 10 Uhr soll die Glocke Romanus von Ober- nach Niedersprockhövel überführt werden.

Für Romanus würde das eine Heimkehr bedeuten, denn das 1525 gegossene Kunstwerk hatte - nach zwei vorausgegangenen Umzügen - schon zwischen 1784 und 1937 zum Kirchgang in Niedersprockhövel gerufen. Das Geläut des heutigen Glockenwerks soll den Zug über die Hauptstraße begleiten, dann will man Romanus im Schiff der Zwiebelturmkirche installieren. Doch zuvor muss der alte Standort vorbereitet werden.

"Kirchentechnische Anlagen, Turmuhren, Glockenantriebe" steht auf dem Fahrzeug, mit dem Verheyen und Marzinzik zu diesem Zweck aus Dorsten angerückt sind. Jahrelang haben sie die insgesamt drei Glocken der Kirche in Obersprockhövel gewartet, aber die heutige Aufgabe wächst ihnen über den Kopf.

"Wenn man 50 Jahre lang Schnürsenkel gebunden hat, weiß man ja auch nicht, wie man Schuhe macht", klingt Marzinziks plausible Erklärung. Er erinnert sich noch, dass am Turm mal ein Gerüst stand. Das würde die Arbeit erleichtern, doch jetzt ist guter Rat teuer.

Nach Installation der Glocken war die Turmspitze mit einer Verschalung aus Tropenholz gegen Wind und Wetter geschützt worden. Dort müsste das Team aus Dorsten jetzt eine Öffnung für den Kran schaffen. Aber, wie Verheyen unverblümt sagt: "Die Bretter sind schwer wie Harry. Vielleicht kriegen wir die gar nicht raus."

Auch Marion Lüning ist besorgt. Sie und ihr Mann haben 2007 die ehemalige Kirche gekauft - samt Turm, aber ohne Glocken. Da sie ihr neues Heim derzeit mit großem Aufwand umbauen, ist die Sorge verständlich. Immerhin könnte die 450 Kilo schwere Glocke auf das neue Domizil stürzen.

Schon jetzt besitzt das Ehepaar Lüning einen gut gefüllten Ordner mit Zeitungsartikeln, die über das Abenteuer an der Kleinbeckstraße berichten. Da bleibt die Hoffnung, dass sich keine Hiobsbotschaft zu diesen Meldungen gesellt und die Familie dereinst friedlich durch das Archiv blättern darf - im Turmzimmer, das dort entstehen soll, wo gegenwärtig noch die Glocken hängen.