Windkraftanlage: Rotierender Riese liefert die Energie
2000 Kiowattstunden produziert die neue Anlage auf dem Winterberg. Heinrich Reuter plant für 2009 das nächste Windrad – dann in Hattingen.
Sprockhövel. Um Kindern lange Autofahrten zu versüßen, zeigt und erklärt man ihnen einen Zeppelin. Oder einen Fesselballon. Oder vielleicht auch ein Windrad. Wobei freilich davon auszugehen ist, dass sich Erwachsene gerade in Sachen Windkraftanlage selbst noch einiges erklären lassen müssten. Zugleich ist ihre Begeisterungsfähigkeit und Wissbegierde in diesem Punkt nicht mehr so ungebremst hoch wie im Kindesalter.
Tatsächlich wird mancher Zeitgenosse schon beim Anblick der modernen Windmühlen zum Don Quichote. Landwirt Heinrich Reuter vom Berger Hof in Hattingen kann ein Lied davon singen.
Seit dem 13. Dezember des vergangenen Jahres ist seine Windkraftanlage auf dem Sprockhöveler Winterberg - die größte im Ennepe-Ruhr-Kreis - in Betrieb. Bis zu diesem Erfolg war es ein langer Kampf, weniger mit der Technik als vielmehr mit der verärgerten Nachbarschaft.
"Ich habe das Höchstmögliche getan, um die Belästigung im Schall- und Schattenbereich gering zu halten", sagt Reuter. Die Anlage werde laufend kontrolliert, sie halte strikt die gesetzlichen Auflagen ein. Für die klagende Nachbarschaft habe er sehr wohl Verständnis, aber: "Es gibt hier keine Verlierer, sondern letztlich nur Gewinner."
Die wesentlich kleinere Anlage, die Reuter zur Nutzung der unerschöpflichen Energiequelle schon seit den 1990er Jahren betreibt, sei immerhin doppelt so laut wie das neue Rad, werde inzwischen aber gar nicht mehr wahrgenommen.
Dabei ist diese erste Anlage im Ennepe-RuhrKreis inzwischen eher als Mess-Station zu betrachten und liegt mit 80 Kilowattstunden weit hinter dem Riesen mit 2000 Kilowattstunden zurück.
Reuter ist ein sehr überzeugter Verfechter regenerativer Energien, nutzt außer der Windkraft schon seit langem auch Sonnenenergie. "Jeder sollte eine Verpflichtung empfinden, Dinge, die er im Leben nimmt, auch wieder zurückzugeben", erklärt er glaubhaft seine Intention.
Dieser gelebte Generationenvertrag manifestiert sich zwar als mächtige, unübersehbare Landmarke, aber sie liefert umweltfreundlichen Strom für immerhin 1500 Haushalte.
Die ersten Monate nach Inbetriebnahme bezeichnet Reuter als reibungslos und zufriedenstellend. Auch die Wogen im zwischenmenschlichen Bereich würden sich allmählich glätten. Wie es aussieht, erweisen sich die vor dem Bau getroffenen Prognosen zum Nutzen der Anlage als zutreffend.
"Natürlich gibt es Anlaufschwierigkeiten, das ist wie in einer Ehe", weiß Reuter. Wenn aber erst die Parameter gestellt seien, könne man auf so ein Windrad rundum vertrauen.
Stürmen wie "Emma" sieht der Landwirt gelassen entgegen. Bei aufziehendem Sturm drehen sich die Rotoren schrittweise aus dem Wind, bis sich die Anlage schließlich komplett abschaltet. Selbst Orkanen von einer zweieinhalbfachen Stärke des berüchtigten "Kyrill" würde das Rad auf dem Winterberg die Stirn bieten.
Nachdem auch die Nutzung der eingespeisten Energie in den Kraftwerken intelligenter geworden ist, wachsen Reuters Visionen und Pläne. Kaum 50 Urlaubstage habe er sich im Leben gegönnt. Das Glück liege nun mal nicht im Faulenzen oder einem gewichtigen Bankkonto.
Finanzielle Gewinne wolle er wieder in regenerative Energie stecken. Mittlerweile liege die Baugenehmigung für eine zweite große Windkraftanlage vor. Sie soll in Hattingen nahe dem Bergerhof stehen und bis Mitte 2009 fertiggestellt werden.