Theater der Träume in Düsseldorf Wenn Torsten Sträter und Betty Taube über mentale Gesundheit reden

Düsseldorf · Kabarettist Torsten Sträter und Model Betty Taube sprachen bei den SOS-Kinderdörfern über Traumata bei Minderjährigen. Im Theater der Träume ging es auch um eigene Erfahrungen mit psychischen Krankheiten.

Moderatorin Lorena Rae, Barbara Gruner, Torsten Sträter und Betty Taube (v. l.).

Foto: Carla König

Was tun, wenn ein Kind in seelischer Not ist? Am besten vor allem eines: schnell handeln. Denn: „Die Schmerzgrenze für das, was Kinder seelisch aushalten müssen, ist viel zu hoch“, sagt Betty Taube – und spricht aus eigener Erfahrung. Die 29-Jährige nahm 2014 an „Germany’s Next Topmodel“ teil, heute ist sie Model und Influencerin. Von ihrer Kindheit mit alkoholkranker, gewalttätiger Mutter und ihrem Aufwachsen im Kinderheim hat Taube jetzt im Theater der Träume berichtet. Unter dem Motto „Mentale Gesundheit – verletzte Kinderseelen heilen“ sprach Taube mit der Vorständin der SOS-Kinderdörfer, Barbara Gruner, und dem Comedian und Kabarettisten Torsten Sträter über die seelische Unterstützung von Kindern und mentale Gesundheit im Allgemeinen. Moderiert wurde das Bühnengespräch mit Benefiz von Model und SOS-Kinderdörfer-Botschafterin Lorena Rae.

Taube selbst ist mit neun Jahren ins Kinderheim gekommen – „dort musste ich erst mal lernen, durchzuatmen und Kind sein zu können“, sagt sie.

Durch den späteren Tod ihrer Mutter habe sie Depressionen entwickelt – und hat sich nach einigen Jahren dazu entschlossen, offen mit ihrer Erkrankung umzugehen. „Die riesige Resonanz von Leuten, denen es auch so geht, hat mich immer darin bestärkt weiterzumachen“, sagt sie. Bei ihrer Erkrankung habe ihr vor allem eine Therapie geholfen, auch wenn das bedeutet habe, sich selbst neu kennenlernen zu müssen.

Comedian Sträter fasst seine Erfahrungen mit Therapie gewohnt schnörkellos so zusammen: „Das ist echt schwierige Scheiße.“ Geholfen habe sie ihm aber trotzdem. Der 58-Jährige ist seit Langem dafür bekannt, öffentlich viel über seine langjährigen Erfahrungen mit Depressionen zu sprechen. Auch in Düsseldorf betont er: „Ich habe nie eingesehen, da nicht offen drüber zu reden. Das macht einen ja nicht zum schlechten Menschen.“

Sträter sorgt mit
Comedy-Programm für Lacher

Ebenso macht er darauf aufmerksam, wie Betroffene von Depressionen seiner Meinung von ihrem Umfeld unterstützt werden könnten: „Wir brauchen Hilfe bei den Kleinigkeiten im Alltag.“ Dann beginnt er die Dinge aufzuzählen, die bei Depressionen oft nahezu unmöglich scheinen: „Irgendwo anrufen, einkaufen, duschen.“ Bei jedem seiner Worte gibt es vereinzelt zustimmendes Nicken aus dem Publikum. Das Theater der Träume ist so gut besucht, dass sich in der Pause ein kleiner Stau am Ausgang bildet. Fast alle 500 Plätze im Saal sind besetzt.

Die aktuelle Weltlage erschwere es den SOS-Kinderdörfern im Allgemeinen, seelisch belasteten Kindern zu helfen, berichtet Barbara Gruner. „Innerhalb von zwei Wochen gab es sechs Notrufe aus verschiedenen SOS-Kinderdörfern wegen Dürren und Überschwemmungen.“ 220 Millionen Kinder seien laut einer Studie aktuell ohne elterliche Fürsorge oder liefen Gefahr, dies zu sein – aufgrund von Armut, Gewalt und zunehmender Naturkatastrophen und Krieg.

„Traumata verändern das Gehirn“, erklärt auch Gruner. Viele Kinder würden angesichts ihrer Erlebnisse im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos, weil das Sprachzentrum durch das Trauma blockiere. Zuletzt hätten sie diese Erfahrungen etwa mit Kindern gemacht, die aus dem Gazastreifen evakuiert wurden. „Das passiert aber überall, egal ob das Kind nun in Deutschland oder im Südsudan lebt“, betont Gruner.
Aufgabe der SOS-Kinderdörfer sei es, diesen Kindern eine neue Struktur und Stabilität im Leben zu geben, um den negativen Kreislauf zu durchbrechen.

Nach der Podiumsdiskussion sorgt Sträter mit seinem Comedy-Programm mit gewohnt trockenem Humor bei aller Ernsthaftigkeit des Themas für viele Lacher beim Publikum – und nimmt dabei alles mögliche in den Fokus: von Schaumwaffeln („Essen Sie das nicht, ich glaube, das ist Dämmmaterial“) über Silvester („Selbstverletzungsorgien“)
bis hin zu den im Rheinland heiligen Schützenfesten („Männer in paramilitärischen Kostümen“). Auch die Wahlen in den USA kommentiert Sträter kurz („Die machen echt alles mit, die Amerikaner“).

Der Stimmung im Theater der Träume heizt Sträter damit so ein, dass er sich irgendwann aufgrund der Wärme sogar sein Markenzeichen, die schwarze Mütze, vom Kopf zieht. Auf chaotisch-charmante Art verbindet er Anekdoten aus seinem Alltag mit Texten, die er vorliest – und nutzt seine Bühnenzeit auch immer wieder dafür, kurz ernst zu werden. Etwa wenn er von seiner Reise nach Nordmazedonien erzählt, wo er das SOS-Kinderdorf besuchte und sich die Arbeit vor Ort ansah. „Ich kann Ihnen sagen, dass das Spendengeld dort wirklich einen großen Unterschied macht“, sagt er – und macht immer wieder betont unsubtil auf einen QR-Code aufmerksam, über den gespendet werden kann – nach einer knappen Stunde sind über 5000 Euro zusammengekommen.