Flüchtlingshilfe Betreuung ukrainischer Kinder in der Wuppertaler Jugendherberge läuft aus – „Randale“ sorgte für Aufsehen

Wuppertal · Im August werden noch acht Kinder in der Unterkunft betreut, die noch weitervermittelt werden müssen.

Die Betreuer Steffen Schneider (v.l.) und Nataliia Dreval, Matilda Flasche (Jugendhilfe) und Corinna Wendel sowie Marko Golub (SKJ) und Julia Mellmann spielen mit den ukrainischen Kindern in der Jugendherberge.

Foto: JA/Andreas Fischer

Ein Kinderheim mal eben um knapp 2000 Kilometer zu verlegen, ist keine Idee, die einem so ohne Weiteres durch den Kopf spukt. Es waren aber auch keine normalen Umstände, sondern es war ein immer noch andauernder Krieg, der diesen Gedanken aufkommen und mit Wuppertaler Hilfe Wirklichkeit werden ließ. Im März 2022 kamen 67 Kinder und 23 Betreuer einer Kindernotaufnahmestelle aus Kiew in zwei Reisebussen in die Wuppertaler Metropole und fanden in der Jugendherberge nahe den Barmer Anlagen Unterkunft. Die breite Öffentlichkeit nahm von der guten Arbeit, die dort geleistet wird, aber erst so richtig Notiz, als ein Ereignis vor zweieinhalb Wochen für medialen Wirbel sorgte.

Nach einem Ausflug waren die ukrainischen Kinder in ausgelassener Stimmung. Die Ausgelassenheit schlug bei einigen von ihnen in Aggression um. Sie fingen an, mit Spielzeug zu werfen, vergriffen sich auch an Sachen auf dem Hof der Einrichtung. Ein elfjähriges Mädchen habe Steine nach Betreuern geworfen, meldete die Polizei, die ebenso wie die Feuerwehr zur Oberen Lichtenplatzer Straße gerufen worden war, nachdem zwei Jungs auf das Dach der Unterkunft geklettert waren und wohl mit Gegenständen geworfen hatten. Verletzt wurde niemand, wie auch die WZ berichtete.

Elfjährige in Sorge um sich und ihre Geschwister

Matilda Flasche ist als Jugendhilfemanagerin Ukraine im Wuppertaler Jugendamt tätig und berichtet der WZ, dass das elfjährige Mädchen, das auch in der Polizeimeldung erwähnt wurde, unter einem besonderen psychischen Druck gestanden hat. Während etliche Kinder in andere Einrichtungen vermittelt wurden oder in die Ukraine zurückkehrten, war die Situation der Elfjährigen und ihrer beiden Geschwister in der Jugendherberge noch nicht geklärt. Der Abschied von den jungen Mitbewohnern, die Ungewissheit über das eigene Verbleiben und die Sorge um ihre Geschwister waren eine immense Belastung für das Kind.

„Die Betreuer können in solchen Situationen nicht mehr agieren wie früher. Sie sind auch nicht die Eltern, die ein Kind dann vielleicht einfach in den Arm nehmen, um es zu beruhigen“, erklärt Marko Golub vom Verein Sozialtherapeutische Kinder und Jugendarbeit (SKJ), der die Betreuung in der Jugendherberge im Auftrag der Stadt übernommen hat. In solchen Fällen Rettungs- und Ordnungskräfte zu rufen, sei heutzutage Standard. „Es war also keine Hilflosigkeit, sondern professionelles Handeln“, sagt Julia Mellmann als Gruppenleiterin.

Sie ist sich mit Golub und Flasche einig: „In den zweieinhalb Jahren ist hier viel gewachsen und etwas Großes entstanden.“ Alle drei erinnern sich noch gut, als die Betreuungsarbeit mit den ukrainischen Kindern begann, die damals zwischen drei und 17 Jahren alt waren. „Wir konnten auf keine Erfahrungen zurückgreifen, weil es eine solche Brückenlösung in der Größenordnung nicht gab“, beschreibt Matilda Flasche die damalige Situation, als die Stadt die Zusage gab, sich um die Kinder aus Osteuropa zu kümmern.

„Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte unser Haus damals bereits zur Unterbringung von Flüchtlingen angemietet“, sagt Corinna Wendel, die Leiterin der DJH-Jugendherberge. Die betreuenden Mitarbeiter aus Kiew wurden per Dienstanweisung mitgeschickt.

Anfangs fanden sich keine Ärzte für die Kinder

„Erst dachten sie: Wir kommen nur für ein paar Wochen hier unter. Die kleinen Kinder dachten, sie machen hier Urlaub. Es war schwer, ihnen zu vermitteln, was Krieg ist“, so Flasche. Herbergsmutter Wendel findet es „toll, was die SKJ hier auf die Beine gestellt hat“. Sie meint damit zum Beispiel die Ausflüge, Abschiedsfeiern beim Weggang von Kindern, Geschenke zum Geburtstag der Schützlinge und derlei Dinge, die der Sozialverein organisierte.

„Anfangs hatten wir große Probleme, Kinderärzte zu finden, weil sie durch die Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge insgesamt in Deutschland sehr ausgelastet waren“, berichtet Marko Golub. Es mussten Dolmetscher gefunden werden. Die Kinder in der Jugendherberge wurden zeitweise von studentischen Kräften in Kleingruppen unterrichtet, bis sie in die Grundschulen in Cronenberg gehen konnten.

Die ukrainischen Betreuer haben neben ihrem Vollzeitjob zweimal die Woche einen Integrationskursus besucht. „Mittlerweile sprechen die Kinder und auch die Betreuer hervorragend deutsch“, so Golub. „Man kann es eine Brückenlösung, man kann es aber auch etwas ganz Besonderes nennen“, formuliert Julia Mellmann.

Im August werden noch acht Kinder in der Unterkunft betreut, die noch weitervermittelt werden müssen. Alle der bislang weitervermittelten Kinder sind in Wuppertal und Umgebung untergekommen, so Flasche. Nun ist geplant, einmal im Jahr ein Wiedersehensfest zu feiern. Herbergsmutter Wendel resümiert: „Es ging alles reibungslos und war eine schöne Zeit.“