Bürger sehen Abkommen kritisch

Bei Diskussion zu TTIP und Ceta überwiegt die Ablehnung.

Wuppertal. Eine dreiviertel Stunde hat sich das Publikum in der Färberei die Ausführungen von Jürgen Hardt zu den transatlantischen Freihandelsabkommen Ceta und TTIP zumeist ruhig angehört, doch als der CDU-Bundestagsabgeordnete einen Vergleich zu den prominenten Gegnern der Abkommen zieht, ist die Aufregung groß. Hardt spricht von einer „interessanten Allianz“ der TTIP- und Ceta-Kritiker, die von Sahra Wagenknecht über Donald Trump bis zu Marine Le Pen reicht. Das ist den etwa 80 Teilnehmern der Diskussion am Freitagabend zu viel - zwar sehen auch sie die Freihandelsabkommen sehr kritisch, mit solchen Politikern auf eine Stufe gestellt zu werden, gefällt ihnen aber gar nicht. Lautstark protestieren sie gegen den Vergleich, Hardt handelt sich einen Rüffel durch Moderatorin Sophie Blasberg ein.

Von dem etwas polemischen Vergleich abgesehen, gibt sich Hardt aber im Ton entspannt. Als Koordinator der Bundesregierung für transatlantische Zusammenarbeit ist er Experte zu den Verhandlungen der EU mit Kanada (Ceta) und den USA (TTIP). Zugleich ist er der Buhmann des Abends, sehen im Grunde alle Teilnehmer der Veranstaltung in den Abkommen nur einen weiteren Versuch, den Neoliberalismus weltweit zu stärken, Arbeitnehmerrechte abzubauen und den Verbraucherschutz zu schleifen.

Da zu der Diskussion das „Wuppertaler Aktionsbündnis gegen TTIP und andere Freihandelsfallen“ geladen hat, sind Befürworter der Abkommen - wie zu erwarten - nicht anzutreffen. Der Vertreter des Aktionsbündnisses macht zudem noch vor der Diskussion klar, dass die Freihandelsabkommen abzulehnen sind.

Auch von den vier weiteren Diskutanten hat Hardt keine Hilfe zu erwarten. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Katharina Droege und der Linke-Bundestagsvertreter Andrej Hunko beklagen die mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen über die Abkommen und die geplanten Schiedsgerichte, die bei Streitigkeiten zwischen Investoren und staatlichen Stellen vermitteln sollen. Guido Grüning, DGB-Vorsitzender Region Wuppertal/Bergisches Land, befürchtet Einschränkungen bei den Arbeitnehmerrechten, Susana Dos Santos-Herrmann, SPD-Ratsmitglied aus Köln, sorgt sich um Einschränkungen bei der kommunalen Versorgung mit Strom oder Wasser.

Hardt sitzt in der Mitte, von beiden Seiten prasselt die Kritik auf ihn ein. Die Aussage, dass es bereits 130 Handelsabkommen mit anderen Ländern gibt, trägt nicht zur Beruhigung bei. Auch die Versicherung, dass die Rechtsordnung hierzulande durch die Abkommen „nicht ausgehebelt“ werde, findet keinen Glauben. Immerhin räumt der CDU-Mann ein, dass er sich bei den Verhandlungen „mehr Transparenz“ gewünscht hätte. Aus seiner Sicht böten die Abkommen aber mehr Chancen als Risiken.

Das sehen die übrigen Teilnehmer der Diskussion völlig anders. Für den Linken-Vertreter Hunko sind die Abkommen „die letzten Zuckungen einer neoliberalen Epoche“. Eine pointierte Zuspitzung, die die Stimmung im Saal recht gut zusammenfasst.

Bei den Nachfragen aus dem Publikum werden ganz unterschiedliche Punkte angeschnitten. Die klarste Kritik kommt von Manfred Spengler aus Bonn, einem ehemaligen Mitarbeiter des Bundeswirtschaftsministeriums, der nach eigenen Angaben bereits mit der Welthandelsorganisation verhandelt hat. Besonders die „Sondergerichtsbarkeit“ bei möglichen Klagen von Investoren sieht er kritisch. Auch dass das Ceta-Abkommen in Kraft treten soll, bevor sich die nationalen Parlamente damit befassen, zeuge nicht von einer sauberen Lösung: „Geht die Welt denn unter, wenn wir das normale parlamentarische Verfahren einleiten?“