Bergischer Geschichtsverein Campus Wuppertal: Heimatbewusstsein vermitteln

Wuppertal · Historiker Wolfgang Heinrichs über die lange Geschichte des Bergischen Geschichtsvereins, Abteilung Wuppertal.

Vier der Gründer des 1863 an der Elberfelder Grünstraße ins Lebens gerufenen Bergischen Geschichtsvereins.

Foto: BGV-Wuppertal

Der Legende nach trafen sich 1863 der Gymnasialdirektor Wilhelm Bouterwek und der Pfarrer Karl Krafft mehr oder weniger zufällig im Wartesaal am Bahnhof in Elberfeld. Es entwickelte sich ein interessantes Gespräch, in dem beide Herren auch auf ihre Studien zu sprechen kamen und beschlossen, einen historischen Verein zu gründen. Der 13. Juni 1863 gilt als der Geburtstag des Bergischen Geschichtsvereins. Im Konferenzzimmer des sogenannten „alten Gymnasiums“ in der Elberfelder Grünstraße traten schließlich acht Herren zusammen, um den Geschichtsverein ins Leben zu rufen.

Laut erster Satzung war das Ziel „(die) politische und Kirchengeschichte der ehemaligen Herzogtümer Jülich, Cleve und Berg“ zu erforschen. Als Publikation der Ergebnisse erschien bereits im ersten Jahr des Bestehens die „Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins“, die es bis heute gibt. Die Abteilung Wuppertal entstand im Jahre 1938 aus einem Zusammenschluss der Elberfelder und Barmer Ortsvereine. Sie zählt heute etwa 650 Mitglieder und ist die größte der 15 Abteilungen des Bergischen Geschichtsvereins, der insgesamt ungefähr 4000 Mitglieder besitzt.

Wolfgang Heinrichs (vorne) und Reiner Rhefus (stellvertretender Vorsitzender Bergischer Geschichtsverein Wuppertal).

Foto: Matthi Rosenkranz

„Von Anfang an lag der Schwerpunkt immer auf der Frage der Identität, die ja kurz vor der Entstehung des deutschen Kaiserreichs für die einzelnen Regionen neu aufkam“, erklärt Professor Wolfgang Heinrichs, Privatdozent für Neuere Geschichte und amtierender Vorstandsvorsitzender des Bergischen Geschichtsvereins, Abteilung Wuppertal. „Wie verortet sich der Mensch in unserer Region in das Ganze der deutschen Nation hinein? Es war eine pädagogische Maßnahme.“

„Wir vermitteln ein Heimatbewusstsein und nicht ein Heimatgefühl“, erklärt Heinrichs, „Menschen, die in dieser Region leben, weisen wir auf ihren Standort hin und vermitteln gewissermaßen ein Orientierungswissen.“ Dabei gehe der Verein den Dingen auf den Grund und frage immer, warum sich etwas so oder so entwickelt habe. „Wo liegen die sozialen Bezüge unserer Region oder Heimat?“, fragt der Historiker, „wie ist das damals kommuniziert worden? Wie ist überhaupt ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstanden? Und wie hat sich das ausgebildet?“ Man hinterfrage also immer den eigenen Standort und setze sich mit ihm wieder neu auseinander.

Zusammen mit dem Bergischen Geschichtsverein, Abteilung Wuppertal, gibt es insgesamt noch 14 weitere Abteilungen, die untereinander gut vernetzt sind. „Wir haben Gemeinschaftsprojekte, die wir auch zusammen finanzieren. Ein Beispiel ist die Zeitschrift für das Bergische Land „Romerike Berge“, die drei bis vier Mal im Jahr erscheint, sowie die Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, die für alle gilt. Wir treffen uns jedes Jahr in einer Delegiertenversammlung und wir sind auch als Vorstände miteinander im ständigen Austausch.“

Der Bergische Geschichtsverein gilt als der größte regionale Geschichtsverein Deutschlands und verfügt auch über eine beachtliche Bibliothek, die von allen Bürgern genutzt werden kann. „Die Bibliothek befindet sich zum großen Teil in der Stadtbücherei, aber auch im Stadtarchiv“, sagt Heinrichs. Auch Kunstgegenstände gehören dazu, die zum Großteil heute im Museum für Frühindustrialisierung lagern. Seit 2017 arbeiten zwei Wissenschaftler am Projekt „Sicherung des Kulturgutes des Bergischen Geschichtsvereins“ mit dem langfristigen Ziel, einen Bestandskatalog zu erstellen, der einen kompletten Sammlungsüberblick gibt.

Kooperation mit dem Stadthistorischen Zentrum

Eine Mitgliedschaft im Bergischen Geschichtsverein lohne sich immer, sagt Heinrichs, man könne dadurch die Stadtbibliothek kostenfrei nutzen und erhalte auch die Vereinszeitschriften regelmäßig unentgeltlich zugesandt. Der Wuppertaler Verein stellt mit seiner Reihe „Geschichte im Wuppertal“ seinen Mitgliedern neue Beiträge zur Verfügung und verweist auf die aktuelle Forschung.

Eine stadtinterne Kooperation geht der Bergische Geschichtsverein 2025 mit dem Stadthistorischen Zentrum ein. „Es geht um demokratische Orte in Wuppertal“, erklärt Heinrichs. Bereits 2023 wurde dazu ein studentisches Projekt gestartet, um Orte der Demokratiegeschichte zu identifizieren, zu erforschen und zu vermitteln. Das Projekt ist Teil eines nationalen Netzwerks, dessen Ziel es ist, die Wahrnehmung der deutschen Demokratie- und Freiheitsgeschichte lokal, regional und deutschlandweit zu fördern und darüber demokratische Teilhabe und Zivilcourage anzuregen.

Auch für Kinder hat der Bergische Geschichtsverein, Abteilung Wuppertal schon Bücher herausgebracht. Eines heißt „Erklär mir mal Wuppertal“ und richtet sich an die Altersgruppe der Grundschüler. Doch der Kontakt zu den Schulen gestaltet sich schwierig, denn obwohl der Verein die Materialien verschenken würde, kommt der Kontakt nur zögerlich zustande, obwohl man jederzeit bereit sei, sich an den Schulen auch persönlich einzubringen. Daher gehören Social Media-Formate mittlerweile zum Angebot. „Wir wollen eben auch Jüngere mit einer jugendgemäßen Form erreichen“, erklärt der Historiker. „Für Teenager sind wir daher auf Instagram und Facebook vernetzt.“