Der lange Weg der Liebesgrüße
Am Dienstag ist Valentinstag — viele Liebende schenken sich dann traditionsgemäß Blumen. Aber wie kommen diese nach Wuppertal? Die WZ ist mitgefahren.
Wuppertal. Es ist fünf Uhr in der Früh und so kalt, dass die Feuchtigkeit der Luft zu Eiskristallen friert, die langsam auf den Boden rieseln Carsten Jacobi steigt in das Führerhäuschen seines Lastwagens. In einer Stunde muss er in Herongen sein — kurz vor der holländischen Grenze. Der 30-Jährige wird erst gegen Abend zurück sein. Auf der Ladefläche wird er dann die Red Naomi, die Grand Prix, die Upper Class oder die White Naomi haben — also zahlreiche Sorten Rosen, dazu Tulpen, Gerbera und Chrysanthemen. Hunderte von Blumen, auf dem Weg ins Tal, um am Valentinstag als Liebesgruß verschenkt zu werden.
Um sechs Uhr beginnt die große Blumen-Versteigerung in Herongen. Draußen ist es noch dunkel. Carsten Jacobi hat längst auf der Tribüne im großen Saal mit den acht Versteigerungsuhren Platz genommen. Schnell setzt der Wuppertaler einen Kopfhörer mit Mikrofon auf den Kopf, als die erste Ware präsentiert wird. Die Auktion erfordert von den bis zu 300 Käufern volle Konzentration — drei Stunden lang, acht verschiedene Sorten Schnittblumen und Pflanzen werden gleichzeitig gehandelt, einige auf großen Bildschirmen.
Die Zeiger der Uhren rotieren. Wenn ein Preis passt, drücken die Käufer einen Knopf an ihrem Pult. Über Funk teilen sie dem Händler die Menge an Einheiten mit, die sie kaufen möchten. „Zu spät“, ruft Carsten Jacobi ärgerlich. Auf den Sitzen vor ihm drehen sich zwei Männer um. Klaus und Dirk schmunzeln. Sie wissen was nun folgt: Im Geschäft des Holländers Dirk auf dem Industriegelände, wo die Versteigerung stattfindet, wird der junge Deutsche die ihm entgangenen Blumen dazukaufen müssen.
„Die sind vorbestellt für eine Hochzeit“, erklärt Jacobi. Eine weiße Orchidee mit roter Lippe hat das Brautpaar sich ausgesucht. „Hoffentlich hat Dirk sie da“, sagt Jacobi und grübelt über dem Bildschirm, der in sein Pult eingelassen ist. Er überprüft, was er bisher gekauft hat. Die Liste ist bereits lang — der Blumenhandel hat Hochkonjunktur so kurz vor dem 14. Februar. Vor allem die Preise für Rosen sind hoch.
Jacobi, der aus einer Familie von Blumenhändlern stammt und das Geschäft von Onkel und Vater weiterführt, sieht die Preissteigerung nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht kritisch: „ Die Nachfrage nach roten Rosen steigt weltweit vor dem Valentinstag an. Nei einem begrenzten Angebot erhöht das die Preise — besonders für rote Rosen um das zwei- bis dreifache, wobei Rosen in anderen Farben im Vergleich preiswerter sind.“ Jacobi rät daher vielen seiner Kunden — Blumengeschäften, Restaurants — daher, zum Valentinstag auch auf andere festliche Blumen zu setzen.
Dennoch hat er viele Rosen, vor allem rote, bereits vorbestellt. „Die stehen schon neben meinem Ladeplatz und sind über Nacht aus Holland gekommen“, erklärt Jacobi. In einer der riesigen Verladehallen steuert er zielstrebig den Stellplatz Nummer 357 an. Dort werden die Stapelwagen mit den von Jacobi gekauften Blumen für Wuppertal und die Region stehen. Das Umladen in den Lkw macht Jacobi selbst — häufig mit Hilfe seines Vaters Günter.
Im Schnitt werden auf dem Marktplatz in Herongen mehr als 1200 Stapelwagen mit Schnittblumen täglich umgesetzt. Jacobi liefert dreimal die Woche eine Lastwagenladung ins Bergische, aber auch ins Rheinland. Die erste Kundin in Zons weiß genau, was sie will. Vor ihrem Geschäft betritt die Floristin die Ladefläche des Lastwagens aus Wuppertal. An diesem Tag kauft sie auch ein paar schöne, orangefarbene Gerbera mit großen Blüten und natürlich Rosen.
Danach macht Carsten Jacobi erst einmal Mittagspause. „Hier ist mein persönlicher Rastplatz“, sagt er an der Stadtgrenze zu Zons. Von seinem Fenster blickt er auf den Rhein. Noch viele Kunden muss er an diesem Tag beliefern, die letzten an der Grenze zu Solingen-Gräfrath. Und heute geht der Trubel erst richtig los. Damit die Liebenden in Wuppertal sich morgen standesgemäß beschenken können.