Frauen im Rat: „Luft nach oben“
Zum heutigen Internationalen Frauentag hat die WZ die Verteilung der Macht auf die Geschlechter unter die Lupe genommen.
Wuppertal. 23 Frauen haben bei den Kommunalwahlen 2014 einen Sitz im Rat der Stadt Wuppertal erobert, der Frauenanteil beträgt 35 Prozent. Das ist eine leichte Steigerung gegenüber 2009, als 21 Frauen im Rat (70 Sitze) vertreten waren und die Quote 30 Prozent betrug. Unter den kreisfreien Städten in NRW liegt Wuppertal in Bezug auf den Frauenanteil immerhin auf Platz 5. Doch wie empfinden die weiblichen Ratsmitglieder ihre Rolle im von Männern dominierten Ratssaal? Warum sitzen nicht noch mehr Frauen im Rat?
In den meisten Ratssitzungen geben die Männer den Ton an. Das liegt vor allem daran, dass die Verwaltungsspitze inklusive Oberbürgermeister auf dem Podium komplett mit Männern besetzt ist und für die Mehrheitsparteien Klaus Jürgen Reese (SPD) und Michael Müller (CDU) als Fraktionsvorsitzende die uneingeschränkten Wortführer sind. Weibliche Töne hört man zumeist aus den Reihen der Opposition — von links bis rechts außen.
„Beiträge von Frauen werden von Männern demonstrativ belächelt, während sich Männer über die Aussagen anderer Männer ärgern“, sagt Gunhild Böth. Sie vermutet, dass sich einige Frauen dem Umgangston im Rat nicht gerne aussetzen. Zudem sei die zeitliche Belastung in der Kommunalpolitik für Frauen mit Familie hoch, das gelte aber auch für die Männer. Innerhalb ihrer Fraktion sei das Thema Gleichberechtigung keines von Bedeutung, das sei der Quotenregelung zu verdanken.
Ähnlich ist es bei den Grünen. „Wer von unserer Fraktion im Ausschuss das Wissen hat, der spricht auch im Rat. Innerhalb der Ratsfraktion ist die Besetzung der Ausschüsse nach Themen verteilt“, beschreibt Anja Liebert, die mit Marc Schulz in der Grünen-Ratsfraktion die Doppelspitze bildet, die Strategie. Liebert spricht von harmonischen Strukturen. Die Frauenquote regele die Besetzung in den Gremien. „Die Plätze sind durchnummeriert — die ungeraden erhält jeweils eine Frau. Bei elf Ratsmandaten sind die sechs grünen Frauen intern in der Mehrheit.
Renate Warnecke (SPD) gehört seit vielen Jahren dem Stadtrat an und hat beobachtet, dass das Thema „über die Jahre eine Selbstverständlichkeit geworden ist“. Die Besetzung der Ausschüsse erfolge in der SPD nach Interessengebieten und nicht nach Geschlecht. „Wir haben eine Reihe junger Mitglieder in den Rat bekommen, die werden weitere Impulse geben. Luft nach oben gibt es immer. Generell ist der Zeitaufwand in der Kommunalpolitik sehr hoch. Einer allein kann es nicht schaffen.“ Daher werde in der SPD unabhängig vom Geschlecht auf Zusammenarbeit gesetzt.“
Bürgermeisterin Maria Schürmann (CDU) wünscht sich, dass sich noch mehr Frauen politisch engagieren. „Ich habe auch erst spät damit angefangen, als ich mehr Zeit dafür hatte“, sagt die Landwirtin und Mutter. Generell wünscht sie sich, dass Frauen öfter den Mut haben, sich zu Wort zu melden. Dorothea Glauner (WfW) ist gegen eine Frauenquote in der Politik. „Die besten sollten gewählt werden. Die Männerwelt weiß schon, wie sie unter sich bleiben kann“, sagt sie und hat dabei die Große Kooperation SPD und CDU im Blick.
Karin van der Most (FDP) ist überzeugt, dass bei den sachlichen Beiträgen der Frauen im Rat intensiver zugehört wird. „Ich glaube nicht, dass sie belächelt werden.“ Eine Frauenquote brauche die FDP nicht. „Das Gleichgewicht von zwei Frauen und zwei Männern hat sich bei uns von selbst eingestellt. Gleichberechtigt sind die Redebeiträge verteilt, da geht es allein nach Sachthemen.“ “ Kommentar S. 16