Frühling mitten im November
Temperaturen um die 15 Grad verwirren derzeit nicht nur die Menschen, sondern treiben auch seltsame Blüten.
Wuppertal. Eiskaffee statt Glühwein und T-Shirt statt Schal: Bei Werten von bis zu 15 Grad kommen dieser Tage Frühlingsgefühle auf - mitten im November. Viele genießen ihren Kaffee in der Sonne, schieben noch einmal die Sonnenbrille auf die Nase und nutzen das schöne Wetter für ausgedehnte Spaziergänge. Die milde Witterung versetzt jedoch nicht nur die Wuppertaler in Frühlingsstimmung, auch die Natur scheint verwirrt.
Im Botanischen Garten treibt der endlose Spätsommer seltsame Blüten. Der Duftende Schneeball etwa steht schon ein paar Wochen früher als gewohnt in der Blüte. Gleiches gilt für die Winterblüte und die Zaubernüsse. "Beim Wildalpenveilchen, das gewöhnlich erst im Februar blüht, sind schon Knospen zu sehen", sagt Frank Telöken, Leiter des Botanischen Gartens. Statt Raureif oder erstem Schnee recken die Primeln ihre bunten Blütenkelche in den warmen Winterwind. Auch die Rosen ziehen sich noch nicht zurück und lassen alle Blätter fallen, sondern beginnen mit einer erneuten Blüte.
Einheimische Pflanzen zeigen aber momentan keine Reaktion auf die frühlingshaften Temperaturen. "Die Pflanzen sind ja nicht blöd", sagt Förster Christian Buschmann.
"Exemplare aus unserer Region haben einen Botenstoff in ihren Knospen eingelagert, der verhindert, dass sie zu früh austreiben und so beim nächsten Frost erfrieren." Aber: "Ab Dezember baut sich dieser Stoff ab und es wird problematisch", weiß Buschmann. "Dann kann es durchaus passieren, dass die Pflanzen austreiben und im nächsten Frühling nicht mehr blühen."
Alles im grünen Bereich also. Andreas Friedrich, Diplom-Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst, sieht zwar bislang keine einzelnen Temperatur-Werte, die rekordverdächtig sind. Doch sei der November im Mittelwert bisher 3,3 Grad wärmer als im Durchschnitt. "Bei einigen Stationen in Nordrhein-Westfalen ist es der bisher wärmste November seit Beginn der Wetteraufzeichnungen."
Durch seine Lage sei NRW im November oft die wärmste Region Deutschlands. Und auch in den kommenden Tagen bleibe es mild, verspricht Friedrich. "Ein Wintereinbruch ist bis Ende des Monats nicht in Sicht."