Handel mit RWE-Aktien: Das Rathaus verschläft fast eine Million Euro
Die Verwaltung hat den Verkauf der Anteilsscheine so lange verzögert, bis der Kurs deutlich gesunken ist.
Wuppertal. Die Mühlen der Verwaltung mahlen langsam. Das ist oft notwendig, häufig ärgerlich und manchmal teuer. So zum Beispiel beim Versuch der Wuppertaler Stadtwerke (WSW), ihre RWE-Aktien zu verkaufen. In diesem Fall hat das Mahlen bis zu eine Million Euro gekostet.
Das städtische Unternehmen WSW besitzt seit Jahr und Tag Anteilsscheine der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE). Dem Essener Energiekonzern geht es nach eigenem Bekunden seit dem beschlossenen Atomausstieg und dem Umsatteln auf erneuerbare Energien nicht mehr gut. Der Wert des Unternehmens sinkt und damit sinkt auch der Wert der Aktien. Zeit, auszusteigen, befand der Vorstadt der Stadtwerke und wollte zur Tat schreiten. Doch die Papiere befinden sich nicht im Besitz der WSW. Seit 1981 werden sie treuhänderisch von der Stadtverwaltung gehalten. So haben andere Kommunen das auch geregelt mit dem Ziel, ihren Einfluss auf den Konzern zu bündeln und damit notfalls zu vergrößern. Kosten sind der Stadt Wuppertal dadurch nicht entstanden. So viel scheint mittlerweile klar zu sein.
Aber bis dahin hat es lange gedauert. Zu lang. Denn die Verkaufsentscheidung braucht einen Ratsbeschluss. Und der Rat tagt nur alle zwei Monate.
Zuständig für das Verfahren ist im Rathaus der als Bürgerbeteiligungsdezernent gewählte Panagiotis Paschalis (SPD). Zu dessen Aufgabenfeld gehört die Beteiligungssteuerung. Er kümmert sich also darum, dass die Interessen der Stadt bei den städtischen Tochtergesellschaften gewahrt werden. Das wollte er auch in diesem Fall tun. Ob der Stadt durch den Treuhändervertrag von 1981 Kosten entstanden seien, wollte der wissen. Antwort: nein. Und ob es wohl denkbar sei, dass die Stadt von den Stadtwerken eine Verkaufsbeteiligung von ein bis zwei Prozent verlangen könne oder wolle. Antwort: ebenfalls nein.
Bis zu den Antworten, die im Ressort von Paschalis gesucht werden mussten, dauerte es aber eine Weile, letztlich so lang, dass der Kurs der RWE-Aktie in der Zwischenzeit um mehrere Euro nachgegeben hatte. Insgesamt wollten die Stadtwerke mit ihren gut 330 000 Anteilsscheinen etwa fünf Millionen Euro erlösen. Daraus werden nun vier bis maximal 4,2 Millionen Euro.
Im Rathaus und in der WSW-Zentrale an der Bromberger Straße löst diese Form von Beteiligungssteuerung ein Gefühl zwischen Zorn und Verzweiflung aus. Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) will sich inhaltlich zu dem Aktiengeschäft der Wuppertaler Stadtwerke allerdings nicht äußern, sagt aber: „Ich werde das prüfen.“
Der zuständige Beigeordnete Panagiotis Paschalis schweigt ebenfalls. „Das ist eine nichtöffentliche Angelegenheit, dazu sage ich nichts.“
Einige Politiker werfen dem erfahrenen Wirtschaftsanwalt vor, in dieser Sache nicht genügend Druck auf seine Mitarbeiter gemacht zu haben. Ihnen ist es rätselhaft, warum die Beantwortung zweier leichter Fragen so viele Wochen dauern musste.
Seit Beginn ihrer Talfahrt ist die RWE-Aktie nicht nur in Wuppertal ein Thema. Auch in anderen Städten wird überlegt, sich von den Anteilsscheinen zu trenne. So sucht etwa die Landeshauptstadt Düsseldorf Wege, sich möglichst günstig von ihren noch fast 5,7 Millionen Aktien zu trennen. Vor einigen Jahren verkaufte der damalige Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) rund zehn Millionen Anteilsscheine für fast 80 Euro pro Stück sowie Teile der Stadtwerke und entschuldete Düsseldorf. Nun braucht die Stadt Geld, um sich für Investitionen nicht wieder verschulden zu müssen.
Die Stadt Wuppertal stieß ihre eigenen RWE-Anteile vor etwa 15 Jahren ab — auf Wunsch und Drängen der kommunalen Finanzaussicht.