Meinung Schwamm drüber? Nein, Danke!

Wuppertal. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Wo Menschen arbeiten, geschehen Fehler. Das ist nicht tragisch, sondern Teil des Systems. Tragisch wird es, wenn Fehler Standard zu werden drohen und dadurch, dass aus Fehlern keine Konsequenzen gezogen werden, gleicht der nächste, noch größere Fehler entsteht.

So ist das derzeit im Wuppertaler Rathaus. Dort hat der zuständige Dezernent für die städtischen Beteiligungen an Tochtergesellschaften wie den Stadtwerken, Panagiotis Paschalis, den Betrieb zuletzt dermaßen aufgehalten, dass nun ein Loch von bis zu einer Million Euro in der Kasse klafft.

Nun werden einige sagen, es sei ja gerade die Aufgabe eines solchen Beigeordneten, genau hinzuschauen, wenn eine städtische Tochtergesellschaft Eigentum versilbern will, um die Bilanz ein wenig zu polieren. Und das stimmt auch. Aber Paschalis hätte wissen müssen, dass Aktiengeschäfte zuweilen schnelle Entscheidungen erfordern. Wenn es sich dabei dann auch noch um Anteilsscheine des schlingernden Energiekonzerns RWE handelt, dann ist es besonders schlau, sehr schnell zu Verkaufsentscheidungen zu kommen. Denn dessen Aktien sind seit Monaten im Sinkflug. Experten beobachten so etwas jeden Tag, viele von ihnen handeln schnell und trotzdem seriös. Als Wirtschaftsanwalt weiß Paschalis das bestimmt.

Aber er hat daraus nicht die Konsequenz gezogen, seinen in solchen Fragen vielleicht unerfahrenen Mitarbeitern davon Kenntnis zu geben. Die ließen sich offenbar Zeit, prüften gründlich, ob der Verkauf städtischen Eigentums rechtlich in Ordnung ist und ob die Stadtwerke der Stadt womöglich sogar noch eine kleine Provision von einem oder zwei Prozent zahlen sollten.

Ganz abgesehen davon, dass die Provisionsfrage albern ist, weil das Geld im Grunde nur von der rechten in die linke Tasche wandert, haben die RWE-Aktien die Antwort nicht abgewartet. Sie sind einfach weiter abgestürzt.

Das alles könnte die Stadtspitze nun nach schlechtem Vorbild gescheiterter Manager von deutschen Banken als Betriebsunfall abtun. Es stünde ihr aber nicht gut zu Gesicht. Stadtverwalter, Wahlbeamte, Geschäftsführer kommunaler Unternehmen und kommunalpolitische Mandatsträger sind Treuhänder für das Vermögen einer Stadt und deren Bürger. Sie haben sorgsam damit umzugehen, sie müssen darauf achten, dass Desinteresse, Nichtwissen und Nachlässigkeiten nicht dazu führen, dass dieses Vermögen schmilzt.

Es ist eben nicht dasselbe, ob jemand das eigene Geld verschwendet oder das Geld von Steuerzahlern. Aus diesem Grund und auch weil die Glaubwürdigkeit des Rathauses auf dem Spiel steht, muss Oberbürgermeister Mucke sich zu dieser Sache etwas einfallen lassen. Wuppertal und seine Tochtergesellschaften mögen vieles im Überfluss haben — Geld gehört nicht dazu. Wenn aber Geld für den Bau von Kindergärten, für die Sanierung von Straßen, für Schwimmbäder und Stadtbibliotheken fehlt, wiegt der Verlust von bis zu einer Million Euro durch Minderleistung im Rathaus umso schwerer.

„Schwamm drüber“ wäre als Reaktion deshalb ebenso läppisch wie der eingangs erwähnte Hinweis darauf, dass Späne fallen, wo gehobelt wird. Auch im Rathaus werden sogenannte Führungskräfte besser bezahlt. Mit welchem Recht geschähe das noch in Zukunft, wenn diese Führungskräfte für Fehlleistungen nicht zu der Verantwortung gezogen würden, für die sie deutlich mehr verdienen als ihre Mitarbeiter?