Kirchen: „Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt“
Seit 1984 wurden etwa 20 evangelische Gotteshäuser umgewidmet. Langfristig wird sich die Situation noch zuspitzen.
Wuppertal. Die evangelische Kirche am Bremkamp in Vohwinkel soll verkauft werden, auch am Hammerstein steht eines der Pfarrzentren zur Diskussion. In Unterbarmen wird die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche entwidmet. Findet sich kein Käufer, der das Gotteshaus erhält, wird sie schlimmstenfalls abgerissen. Die Emmauskirche in Cronenberg wird gerade zum Gemeinde- und Veranstaltungszentrum umgebaut. Für den Erhalt der denkmalgeschützten Kirche muss die Gemeinde zwei Häuser verkaufen.
Die Liste der Beispiele von Kirchen und kirchenähnlichen Gebäuden, die nicht mehr im ursprünglichen Sinne genutzt werden, ist lang. Nach Angaben des Kirchenkreises waren es in den vergangenen 25 Jahren zirka 20. "Angefangen hat alles mit der Immanuelskirche", sagt Pfarrer Werner Jacken. Nach dem Zusammenschluss der lutherischen und reformierten Gemeinden war die Heimat der Kantorei Barmen-Gemarke überflüssig. Um das Gebäude vor dem Abriss zu bewahren, wurde 1984 ein Konzept für die Umwidmung zum Kulturzentrum vorgelegt und ein Verein gegründet. "Nach Fusionen mussten sich viele Gemeinden aus strukturellen oder finanziellen Gründen von Gebäuden trennen."
Hinter dieser Entwicklung steht natürlich auch der Bevölkerungsrückgang in der Stadt und die damit verbundenen sinkenden Kirchensteuer-Einnahmen. Außerdem hat die Kirche im Tal in einer Zeit, in der die Zahl der Gemeindeglieder schon deutlich zurückging, die Infrastruktur weiter wohnortnah ausgebaut - Kindergärten gegründet, Mitarbeiter eingestellt und Orgeln gebaut. So wurde beispielsweise in den 80er Jahren noch ein neues Gemeindehaus an der Ludwigstraße gebaut - knapp 20 Jahre später gab es die Gemeinde schon nicht mehr. Das Gebäude wurde verkauft. Kurz: "Die Evangelische Kirche in Wuppertal und anderswo hat über ihre Verhältnisse gelebt", bekannte Superintendent Manfred Rekowski vor der Kreissynode 2006.
Beim Kirchenkreis gibt es für diese Zwecke ein wirtschaftliches Frühwarnsystem. Rechnungsprüfer nehmen die Gemeindehaushalte unter die Lupe und prüfen die Rücklagen. Dabei kann dann auch die Warnung kommen, dass eine Gemeinde nicht länger überlebensfähig ist.
Ob weiteren Wuppertaler Gemeinden eine Umwidmung droht? "Die Umstrukturierung ist bei uns schon seit einigen Jahren Thema. Wir haben viel hinter uns - gerade im Vergleich zu anderen Städten, auf die das erst noch zukommt", sagt Jacken. Dennoch: Ein endgültiges Ende ist noch nicht in Sicht, langfristig wird sich die Situation verschärfen. Wie berichtet, soll es nach Vorgabe der Landeskirche bis 2030 nur noch halb so viele Pfarrstellen wie im Jahr 2004 geben. Damit werden zwangsläufig weitere Gebäude überflüssig.
Was passiert anschließend? Steht eine Kirche unter Denkmalschutz, dann ist auch die Landeskirche involviert. "Ist die Kirche entwidmet, sind die Möglichkeiten im Rahmen einer sinnvollen Nutzung aber nicht unbegrenzt. Die Entscheidung liegt bei der Gemeinde", erklärt Jacken. Dann steht schlimmstenfalls auch einem Abriss und beispielsweise Einfamilienhäusern nichts im Wege. Ein Supermarkt oder etwa eine Moschee dort zu errichten, wo vorher Taufen und Gottesdienste stattfanden, sei aber nahezu ausgeschlossen.