Interview Steffen Laube: „Ich genieße die Probendynamik“

Interview Der Sänger und Schauspieler wirkt im zweiten Teil von Pina Bauschs „Die sieben Todsünden“ mit.

 Steffen Laube ist ein vielseitiger Künstler.

Steffen Laube ist ein vielseitiger Künstler.

Foto: ja/Olaf Raymond Benold

Eigentlich wollte er Schauspieler werden, stand schon als Kind auf der Bühne. Gesungen habe er aber auch schon immer, sagt Steffen Laube. Der gebürtige Karlsruher, Jahrgang 1961, ist ein vielseitiger Künstler. Der (dennoch erst) jetzt zu Pina Bausch gefunden hat. Er wirkt beim zweiten Teil von „Die sieben Todsünden“ mit, der den Titel „Fürchtet Euch nicht“ trägt. Die Proben haben begonnen. Und schon jetzt ist klar, dass die Choreographin und das Tanztheater einen neuen Fan gewonnen haben.

Wie erleben Sie die Proben?

Steffen Laube: Es ist der Wahnsinn. 30 bis 40 Menschen sind ständig in Bewegung, hochkonzentriert. Das ist spannend, das kenne ich vom Schauspiel so nicht. Außerdem ist da Johanna Wokalek, mit der ich in Bonn auf der Bühne stand, die auf den Punkt genau arbeitet. Und Melissa Madden Gray, die mit unglaublicher Energie loslegt, sich treiben lässt. Ich genieße die Probendynamik. Jo Ann Endicott und Julie Shanahan, die das alles leiten, mit hoher Präsenz und Energie.

Und Ihre Rolle?

Laube: Der zweite Teil der Todsünden dreht sich um einen Herren, der auf Frauenjagd geht, charmant die Frauen umgarnt, sie nimmt, auch vergewaltigt und dann wegwirft. Dabei singt er „Fürchte Dich nicht“. Ich lasse mir gerade einen Schnauzbart wachsen, das hebt den Macho hervor. Meine Rolle erfordert Bewegung, Schauspiel, Gesang – und ein genaues Timing.

Wie sind Sie zu Ihrer Rolle gekommen?

Laube: Ich habe den Horatio Vandergelder in „Hello Dolly“ in der Schweiz gesungen. Jan Horstmann (er hat die musikalische Leitung bei „Die sieben Todsünden“ des Tanztheaters, Red.) sprang als Dirigent ein, wir lernten uns kennen. Und dann kam letztes Jahr der Anruf vom Tanztheater. Jan hatte mich empfohlen. Es gab noch eine Probe mit Vorsingen. Und alle waren begeistert.

Erinnern Sie sich an Ihre erste Begegnung mit Pina Bauschs Werk?

Laube: Die 70er Jahre waren meine Powerzeit. Damals war ich viel bei Sasha Waltz (Choreographin und Tänzerin, Red.), die kleine Schwester meines Freundes. Während Sasha von Pina Bauschs Stücken begeistert war, waren sie mir zu krass, schrill und laut. Mit den Jahren hat sich meine Meinung natürlich geändert.

Und heute?

Laube: Als ich 2019 angefragt wurde, erhielt ich ein Video von „Die sieben Todsünden“. Ich schaute es mir an und war schwer beeindruckt. Das ist schon sehr heutig. Gerade die Auseinandersetzung Mann Frau in Zeiten von #metoo. Das Thema ist angekommen. Durch die Videomusikclips zum Beispiel sind wir heute viel näher dran, haben mehr Verständnis für krasse Ausschnitte. Dieses Wow, dieses auf den Punkt bringen.

Wie gefällt Ihnen „Die sieben Todsünden“?

Laube: Das trägt schon Pina Bauschs spezielle Handschrift, enthält ihre Basics, mit seinen aneinandergereihten Erzählungen, die sie verflechtet. Viele, vor allem jüngere Kollegen bei „Hello Dolly“ kannten das Stück, hatten sofort Bewegungsabläufe parat. Das Stück hat einen hohen Stellenwert.

Sind Sie jetzt Pina-Bausch-Fan?

Laube: Ich bin erstmal wie in einer Wolke, in einem Rausch, genieße es. Es geht ja auch nach Paris, meine „goldenen 20er Jahre“ sind angebrochen. Meine Frau (die New Yorker Musicaldarstellerin Amanda Whitford, Red.) ist auch Künstlerin und sie ist ganz neidisch, dass ich im Théatre Châtelet auftreten darf. Danach muss es weitergehen. Ich werde mir natürlich Pina Bauschs Stücke ansehen. Und hoffen, weiter dabei zu sein.

Wie gefällt Ihnen Wuppertal?

Laube: Ich kenne die Stadt nicht näher, habe ein paar Freunde hier, bin natürlich schon mal Schwebebahn gefahren. Ich finde es toll, dass ich mit der Bahn bis zur Oper fahren kann.

Sie sind ein vielseitiger Künstler, sind Schauspieler, Musiker, Dozent, Sprecher, Regisseur. Was ist Ihnen am wichtigsten?

Laube: Das hat sich entwickelt. Mit elf Jahren habe ich Kinderrollen übernommen. Schauspiel war am Anfang. Ich hatte viele Jahre Festengagements an Theatern mit drei Sparten, das war Vielfältigkeit, zum Beispiel Musicals. Später entschloss ich mich zur Freiberuflichkeit, schaue, was es noch so gibt. Ich wurde für einen Dozentenjob in Haifa angefragt, für die Regie eines Stücks mit 50 Kindern. Eine tolle und anspruchsvolle Aufgabe. Ich bin offen. Als freiberuflicher Künstler muss man gut sein, Glück und Vertrauen haben.