Konzert in Wuppertal Max Raabe singt von Liebe, Leidenschaft und Topfpflanzen
In der ausverkauften Historischen Stadthalle gab es mehr als zwei Stunden lang Musik vom Feinsten.
Es ging laut Max Raabe in seinem Konzert mit dem Titel „Guten Tag, liebes Glück“ um Liebe, Leidenschaft, generell um zwischenmenschliche Beziehungen – und Topfpflanzen. Doch die kamen erst einmal im ausverkauften Großen Saal der Stadthalle gar nicht vor. Mit dem Herbert-Grönemeyer-Song „Ich drehe schon seit Stunden hier so meine Runden“ war offiziell Schluss mit der kurzweiligen Show, ohne den lebenswichtigen Aspekt angeschnitten zu haben.
Dann die erste Zugabe: „Küssen kann man nicht alleine“. Wohl wahr, aber inhaltlich ohne Flora. Endlich die ersten Noten von Rolf Marbot aus den 1930er Jahren: Jetzt war das Publikum richtig selig. Denn nun ging es um den kleinen grünen Kaktus, der dem Nachbarn aufs Gesicht fiel. Nun konnte man nach dem finalen „Donna Maria“ glücklich und zufrieden nach mehr als zwei Stunden Frohsinn von dannen ziehen.
Vorher ging es ganz anständig um Lieder, die manche als Evergreens, manche als Oldies bezeichnen, also zeitlos sind: überwiegend Schlager aus der Zeit der Weimarer Republik, als in den Szenevierteln wie in Berlin die Nacht zum Tage gemacht wurde. Zivilisiert saßen die zwölf Musiker des Palast Orchesters (viele davon exzellente Multiinstrumentalisten) an ihren Pulten, als könnten sie kein Wässerchen trüben. Was sie jedoch kultiviert aus ihren Instrumenten herausholten, hatte es in sich. Das war Musik vom Feinsten: Satte Bläsersätze harmonierten bestens mit sonoren Klarinetten- und Saxophon-Sounds. Dazu sorgte die Rhythmusgruppe (Gitarre, Bass, Schlagzeug) für viel Groove, während der Mann am Klavier für variable Harmonien zuständig war. Auch ließen ihre virtuosen Soli keine Wünsche offen.
Max Raabe war ganz Gentleman (selbstredend im Smoking), als er über die Beziehungen zwischen dem weiblichen und männlichen Geschlecht sinnierte. Er entdeckte, dass „Zwei Treppen links im Nachbarhaus“ sein neues Glück sesshaft ist. Es ging um einen schönen Gigolo („Just A Gigolo“). Er schilderte bei „Nichts von Bedeutung, Frau Direktor“, dass ihr Mann im Knast sitzt. „Guten Tag, liebes Glück“ frohlockte er. Oder er versicherte: „Du hast Glück bei den Frau’n, Bel ami“. Sportlich ging es bei „Fahrrad fahr’n“ aus eigener Feder zur Sache.
Einen Abstecher in die digitale Neuzeit konnte er sich nicht ersparen, als er etwa den Song „Heut‘ war ich bei der Frieda“ anmoderierte: Als niemand mehr im Haus war, machte sich Alexa (ein intelligenter Lautsprecher) selbstständig, indem sie für Musik sorgte. Außerdem ging der Saugroboter eine Liaison mit dem Mähroboter ein.
Mit seinem unverwechselbaren, in allen Stimmlagen sicheren und beweglichen Bariton ließ er die „Goldenen Berliner Jahre“ mustergültig wieder aufleben. So kamen die Hits dieser Zeit oder die „Moritat von Mackie Messer“ aus der Dreigroschenoper wie brandaktuell daher, zumal sich die moderneren Nummern stilistisch überhaupt nicht davon unterschieden.