Umjubelter Rachefeldzug in der Oper

„Ein Maskenball“ ist vor allem ein Fest für die Darsteller. Das Ensemble überzeugt.

Wuppertal. Heimliche Liebe, der verletzten Ehre geopferte Freundschaft und falsche Rache — das ist der Stoff, aus dem die Opern-Dramen sind. Giuseppe Verdis „Ein Maskenball“ ist große Oper im italienischen „Melodramma“-Stil, was nicht einfach zu inszenieren ist.

Johannes Weigand, sonst als solider, an Handlung und Musik entlang inszenierender Opernchef bekannt, scheint dieses Mal in großer Ehrfurcht vor der gewaltigen Verdi-Musik zu erstarren. Ein zündender Funke und die unerlässliche Reibung fehlen in seiner Inszenierung. Also lässt er seine — zugegebenermaßen mit sicherem Gespür besetzten — Sängerinnen und Sänger statisch stehend singen, den gewaltigen Chor (Einstudierung Jens Bingert) meist festgenagelt wie Marmorstatuen intonieren.

Zwischen den Personen passiert wenig, die Personenregie bleibt blass. Und so mutet die Inszenierung über lange Strecken wie eine konzertante Aufführung an, bei der man getrost die Augen schließen und nur der herrlichen Musik lauschen kann.

Auch das Komisch-Groteske, das der Oper innewohnt, ist nicht durchgängig erlebbar. Allein die Figur des Pagen Oscar, bei Elena Fink in der Hosenrolle mit spritzigem Spiel und glitzerndem Koloratursopran in besten Händen, beleuchtet das Zwielichtige, das in der Musik so häufig aufschimmert, auch im Bühnengeschehen.

Die Bühne in Guckkasten-Optik (Moritz Nitsche) mit wenigen Requisiten bietet ebenfalls wenig Überraschendes, während zumindest die historisierenden Kostüme (Judith Fischer) Augenfänger sind.

Das Ensemble aber überzeugt in hohem Maße. Bejubelt wird bei der Premiere Melba Ramos, die mit ihrem dunkel gefärbten Sopran die perfekte, zwischen Todesvisionen und Liebesverlangen zerrissene Amelia gibt. Die Sehnsucht gilt dem Grafen Riccardo: Tenor Felipe Rojas Velozo ist eher klein und von gedrungener Statur und erreicht Bühnenpräsenz mit seiner grandiosen Stimme. Er glänzt mit beweglichem Belcanto, und obwohl vor Vorstellungsbeginn erklärt wurde, dass er an Husten leide, wird eine Indisponiertheit nur an einer kleinen Stelle hörbar. Wenig schimmert durch von der Melancholie, mit der diese Rolle musikalisch angelegt ist. Immerhin manifestiert sich das zwanghaft Lustige sinnfällig im höfischen Lachquintett mit dem Chor.

Kay Stiefermann wandelt sich als Amelias Mann Renato vom engen Freund zum Rächer: Hervorragend ausdrucksvoll singt er seine bittere Rache-Arie „Eri tu“ (Du warst es, der diese Seele befleckt hat). Wie die Wahrsagerin prophezeite, wird Riccardo durch die Hand des Freundes sterben. Zdravka Ambric gibt die Zigeunerin Ulrica mit unterschiedlich gefärbtem Mezzosopran — herrlich verrucht in den tiefen Registern. An der Feinabstimmung zwischen Graben und Bühne mangelte es jedoch am Sonntag. Unter Florian Franneks Leitung fanden die Sinfoniker erst spät zur subtileren Klanggewichtung, so dass das Orchester die Stimmen oft überdeckte.

Regie: 2 von 5
Bühne: 3 von 5
Orchester: 4 von 5
Ensemble:
5 von 5