Aktuelle Lage Kundenfrequenz hat durch Fußgängerzone im Wuppertaler Luisenviertel abgenommen

Wuppertal · Gastronomen und Ladenbesitzer wurden bei der Entscheidung nicht berücksichtigt.

 Die Fußgängerzone im Luisenviertel sorgt nach wie vor für Diskussionen.

Die Fußgängerzone im Luisenviertel sorgt nach wie vor für Diskussionen.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Er nennt es „ein funktionales und fragiles Konstrukt“, wenn er vom Luisenviertel redet. Achim Brand beschreibt das Quartier als eine Symbiose aus Wohnen, inhabergeführtem Einzelhandel, Kunst und Gastronomie und spricht davon wie von einem schützenswerten Biotop, einem besonderen Mikrokosmos. Man kann es ihm nicht verdenken: Seine Wertschätzung für das Viertel ist lange gewachsen und ihm als Anwohner, Wirt des „Café du Congo“ und lokaler Vertreter des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) zur Herzenssache geworden. Doch die Lebendigkeit des Luisenviertels ist keine Selbstverständlichkeit, wie er betont – und rosige Zeiten deuten sich wohl aktuell auch nicht an. Besonders dann nicht, wenn die lokalen Akteure nicht in die zukunftsträchtigen Entscheidungen eingebunden werden, wie Brand es sich wünscht.

Lebendigkeit und Vielfalt soll erhalten bleiben

„Werden die Gestalter der aktuellen Kultur in einschneidende Veränderungen nicht einbezogen, so droht dem doch so vorzeigewürdigen Mikrokosmos der Kollaps“, so formuliert er es, nachdem es jüngst auch einen von der CDU organisierten Gesprächsabend zur Zukunft der Elberfelder City gegeben hat, zu dem er als Diskutant geladen war (WZ berichtete). Dort kam auch das Thema Verkehrsberuhigung zur Sprache, das immer wieder kontrovers diskutiert wird und das von den einen durchweg als Segen betrachtet, von anderen als zusätzliche Beschwernis für einen ohnehin fluktuierenden Einzelhandel abgelehnt wird. Achim Brand stellt dazu nüchtern fest: „Seit der Installation der Fußgängerzone am Laurentiusplatz hat die Kundenfrequenz im angrenzenden Westteil spürbar abgenommen. Womöglich ist das für den einen oder anderen Einzelhandel nach der so schwierigen Pandemiezeit ein Zeichen aufzuhören.“ Dann wäre die grundsätzliche Lebendigkeit, die Betriebsamkeit im Viertel zwar nicht unmittelbar in Gefahr. Franchise-Unternehmen etwa würden die Lücken wohl gerne füllen. Die besondere Mischung, Vielfalt und Atmosphäre aber wäre dann perdu, prophezeit Brand. Die Luisenstraße sei in den 1970er-Jahren durch ambitionierte Bürger erhalten und geprägt worden. Entgegen der städtischen Planung zu Abriss, Terrassenbauten und Umgehungsstraße seien die Gründerzeitbauten erworben, instandgesetzt und eine Kulturzone geschaffen worden, die bis heute wirkt, wie er ausführt. „Ja, das Viertel wird wohl immer lebendig bleiben. Aber ist die Erhaltung der aktuellen verbliebenen Struktur nicht besonders schützenswert?“, fragt der Gastronom. Auf der Friedrich-Ebert-Straße zeige sich, dass gastronomische Betriebe die Antwort auf Leerstand im Einzelhandel zu sein scheinen. „Die Fallhöhe einer neuen Feiermeile im Wohnviertel scheint hier hoch“, mahnt Brand, auch wenn es sicherlich erfreulich sei, dass sich beispielsweise für die langjährige Buchhandlung Mackensen eine Nachfolgerin gefunden hat.

Akteure vor Ort mehr einbeziehen

Die Aussicht auf lange Baustellenzeiten zum Fernwärmeausbau des Viertels führe indessen schon heute zu einer großen Verunsicherung. „Zu tief sitzt das Gefühl der Verzweiflung aus der Verkehrssituation im Rahmen der Umbaujahre am Döppersberg. Die städtische Planung nach dem Motto ,Der Verkehr sucht sich seinen Weg‘ führte im ersten Halbjahr zur täglichen Verstopfung und hatte das Ausbleiben von Kunden und Gästen als existenzbedrohende Auswirkung“, so schildert Brand die zehnjährige Phase bis zur Fertigstellung 2018. Danach habe Corona den Einzelhändlern, insbesondere auch den Gastronomen zugesetzt und genau in dieser Zeit habe man ihnen dann noch mit Maßnahmen wie der Verkehrsberuhigung das Leben schwer gemacht. Deshalb sagt er: „Für ein weiteres verkehrstechnisches Experiment haben die noch bestehenden Betriebe keine Luft mehr.“ Angedachte Verkehrsmaßnahmen sollten daher mit den Betroffenen im Viertel und nicht per Bürgerentscheid getroffen werden, findet Brand. Er spricht sich zum Beispiel dafür aus, die Einbahnstraßenregelung im nördlichen Teil der Sophienstraße aufzuheben. Auch versenkbare Poller, die in den Monaten von Mai bis September ab 19 Uhr zum Einsatz kommen könnten, hält er an entsprechenden Stellen für sinnvoll.