Diskussionsveranstaltung Mit weniger Geld mehr Kultur in Wuppertal machen
Wuppertal · Bei der Diskussionsveranstaltung der Künstlergruppe Art Fam7+ und des Kunstprojekts OAA werden Lösungen gesucht.
Es geht um nichts weniger als die Quadratur des Kreises: Mit weniger Geld mehr Kultur machen. Eine Aufgabe, die bei aktuell anstehenden Kürzungen der Förderung durch Bund und Land sowie Einführung von Mindesthonoraren für Künstler ab 2026 unlösbar erscheint. Auf Einladung von Art Fam 7+ und OAA stellten sich ein kleiner Kreis interessierter Gäste sowie Kulturdezernent Matthias Nocke und Kulturbüroleiterin Bettina Paust für die Stadt der Herausforderung. Ein intensives Gespräch mit allgemeiner wie bekannter Wertschätzung der Kultur und konkreten Inhalten, über das weite Ganze und das nahe Kleine. Forderungen nach mehr Sichtbarkeit, mehr Bildung, mehr Ausstellungsfläche und mehr Marketing kamen auch dabei heraus.
Der Ort des Treffens, in der Art Fam 7+-Galerie war Symbol: Für eine dreijährige Ausstellungs- und Kunsttätigkeit in der Rathaus Galerie, für positive Erfahrungen mit Otto Normalverbraucher und für eine Stätte, die nun zugunsten ihrer lukrativeren Vermarktung aufgegeben werden muss.
Viele Kunst-Orte in der Stadt, die durch großen ehrenamtlichen Einsatz getragen werden, seien derzeit gefährdet, „deshalb sind kleine Förderungen so wichtig, damit überhaupt was geschieht. Das darf nicht wegbrechen“, forderte Andrea Raak, die im Neuen Kunstverein die schwierige Aufgabe hat, Qualität und (zumindest) Kostendeckung überein zu kriegen.
Die konkrete städtische Haushaltslage für die nächsten Jahre mit ihren einzuplanenden Ausgabenminderungen stellte Matthias Nocke vor, versprach aber Handlungsfähigkeit. Verbesserungen sollen weniger durch Selbstausbeutung der freien Künstler, mehr durch Optimierungen erreicht werden. Die Stadt überlege, weniger genutzte Räume im Kolkmannhaus einzubinden, die Barmer Kunsthalle werde gerade durch die Universität und demnächst durch andere Formate (die Freunde der Tat um Gudrun und Peter Klassen bringen 2025 das Format der Jahresschau-Biennale ins Haus zurück) genutzt. Außerdem stehen Gespräche mit dem Eigentümer über eine Bespielung der Schaufenster des Kaufhofgebäudes an der Neumarktstraße bis Ende 2026 mit Kunst-Ausstellungen an. „Eine Einladung, die man annehmen oder ablehnen kann.“ Die auf jeden Fall besser als Leerstand und ein Zwischenstand sei.
Professionelles Marketing braucht Leute, die bezahlt werden
Ideen, die ein geteiltes Echo erfuhren. Während Bettina Paust für ernst- und dauerhafte Lösungen warb und vor Ausbeutung warnte, Frank N (OAA und BKG) Künstlerhonorare ins Gespräch brachte und Andrea Raak ein kluges und konzeptionelles Vorgehen anmahnte, das Kunst nicht als Lückenfüller nutze, sah Gudrun Klassen das schwierige Umfeld an der Neumarktstraße kritisch. Ihre in Eigenregie und ohne städtische Förderung gestemmte Jahresschau in der Kunsthalle erschien nicht als Lösungsmodell, will es auch nicht sein.
Angesprochen wurden auch Public-private-Partnerships und Kooperationen. Andreas von Hoeren, Geschäftsführer des Medienprojekts Wuppertal, warb für ein engeres Zusammenrücken von Stadt und freien Künstlern, damit sich die Menschen nicht zurückziehen, sondern positiver denken. Der Wunsch eines städtischen Konzepts für Ausstellungsflächen, noch besser eine große städtische Ausstellungsfläche, die Interessierten zur Verfügung stehe, sei dagegen „illusorisch in Wuppertal“, so Peter Klassen.
Einig waren sich alle bei der Bedeutung der Kultur für Gesellschaft, Wirtschaft und Entwicklung einer Stadt, eine Erkenntnis, die aber nicht bekannt genug sei. „Da ist noch viel Luft nach oben“, meinte Bettina Paust. Abhilfe durch ein an seine Kapazitäten stoßendes Kulturbüro und einen mit weniger Geld arbeitenden Rat scheinen freilich nicht in Sicht.
Immer wieder wurde angeregt, das Stadtmarketing für ein professionelleres Marketing der freien Kultur stärker einzubinden. Die Stadt solle mehr tun, etwa die Kunst auf ihrer Homepage sichtbar machen. Sichtbarkeit sei auch eines seiner Ziele, unterstützte Nocke und warb um Verständnis, dass manches mehr Zeit brauche, wofür das Pina Bausch Zentrum ein gutes Beispiel sei.
Ein Beispiel für die Bedeutung von Marketing nannte Frank N. Seit die BKG auf der Schwebebahn werbe, kämen mehr Menschen in ihre Ausstellungen. Außerdem wurde mehrfach betont und gefordert, dass professionelles Marketing Leute braucht, die dafür bezahlt werden. Ein Thema, das auch die Wuppertaler Kulturpartner (Bühnen, Stadthalle und andere) immer wieder vorbringen. Bernhard Sander (Ratsmitglied/Die Linke) forderte die Künstler auf, ihren Wert erhaltenden Einsatz selbst mehr herauszuarbeiten. „Sie dürfen Ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen. Die Kreativwirtschaft ist einer der fünf größten Wirtschaftszweige der Stadt.“
Auf keinen Fall aber dürften Lösungen durch drastische Kürzungen wie in Berlin angestrebt werden, „wozu Sie als Kulturdezernent enorm viel beitragen können“, appellierte Uta Atzpodien (für die Grünen im Kulturausschuss) an Nocke.