Seniorenfänger aus Leipzig

Ältere Menschen aus Wuppertal werden in den Osten gelockt – natürlich nur solche, denen es auch gut geht.

Wuppertal. Der Wettlauf hat begonnen. Die Bevölkerung in Deutschland schrumpft, und die Städte stehen in Konkurrenz. Die Stadt Leipzig hat ganz ungeniert begonnen, in Wuppertal Senioren anzusprechen und will diese dazu bewegen, nach Sachsen umzuziehen. In der Schwebebahn hängen Plakate mit der Aufschrift "Leipzig - gegen Mangel im Alter" und werben für die Messemetropole. Noch ist nicht klar, wie viele ältere Menschen sich locken lassen, die dreitägige Bustour für 50 Euro ist jedoch schon ausverkauft. "Wenn alles glatt geht, dann unterschreiben wir nächste Woche den ersten Mietvertrag", sagt Gregor Hoffmann von der Leipziger Wohnungsgesellschaft, die hinter der dreisten Werbekampagne steckt.

Die Leipziger hätten offenbar ganz gerne Wuppertaler Senioren, die noch fit sind und von ihrer Rente auch gut leben können, als Neu-Sachsen in ihrer Stadt. Hartz-IV-Empfänger, erläutert Sprecher Hoffmann, seien natürlich nicht ausdrücklich angesprochen worden. Das gleiche gelte für "Senioren im hohen Alter, die ja nicht mehr so beweglich" seien.

Die Leipziger Zielgruppe ist so zwischen 60 und 70, sehr mobil und agil, gut situiert, sozusagen handverlesen. Man kennt sie aus der Werbung: Vorzeige-Rentner. Dabei ist Wohnen in der Sachsenmetropole recht billig. "Die Quadratmeterpreise für sanierte Wohnungen betragen zwischen fünf und sechs Euro", schwärmt Hoffmann - wobei es in sehr guten Lagen mittlerweile auch schon Wohnungen für sieben Euro pro Quadratmeter gebe. Allerdings ist Wohnen in Wuppertal kaum teurer. Sieben Euro pro Quadratmeter sind normal.

Fest steht: Leipzig will die gut zahlende Generation Silberlocke von der Wupper weglocken. In Zeiten des demographischen Wandels ist halt vieles erlaubt.

"Wenn ich eine kostenlose Bustour nach Leipzig bekommen würde, dann würde ich die auch gerne annehmen. Leipzig ist eine sehr schöne Stadt." Wuppertals Oberbürgermeister Peter Jung nimmt die Leipziger Abwerbebemühungen offenbar nicht so ganz ernst, bezeichnet sie als "schönen PR-Gag". "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Wuppertaler, die in dieser Stadt groß geworden sind, nach Leipzig umziehen würden", sagt Jung und fügt an: "Die kann man nicht verpflanzen."

Na ja: Dora Streblow aus Oberbarmen könnte man schon ganz gut verpflanzen. Die 71-jährige Rentnerin sagt: "Wenn es nach mir ginge, dann wäre ich schon weg. Aber mein Mann möchte nicht." Warum sie aus Wuppertal ziehen möchte? "Ich liebe den Norden und stelle mir Leipzig sehr schön vor. In Wuppertal ist es, wie in vielen anderen Städten, doch sehr schmutzig", sagt sie.

Prognose Das entspricht in etwa der Bevölkerungsprognose, die von einem jährlichen Schwund bis 2020 von rund 2000 Einwohnern ausgeht. Ausländer leben in Wuppertal insgesamt 49 129. Was Wuppertal ganz besonders fehlt, sind Kinder sowie Frauen und Männer zwischen 25 und 45.

Schwund 2270 Wuppertaler dieser Altersklasse kehrten im zurückliegenden Jahr der Stadt den Rücken. Der Schwund bei den 0- bis 6-Jährigen und den 6- bis 16-Jährigen liegt bei jeweils mehr als zwei Prozent.

Rückgang Der Geburtenrückgang gegenüber dem Vorjahr beträgt 3,2 Prozent. Mehr Kinder bekommen allein die ausländischen Wuppertaler (13,5 Prozent beträgt der Zuwachs).