Adventskalender: Wir hier im Quartier Wuppertal Loh: Zwischen Tradition und Aufbruch
Wuppertal · Mit Kunst, Gemeinschaft und der Junior Uni – wie das Quartier zum Symbol für die Revitalisierung Wuppertals geworden ist.
Eine andere Perspektive. Die hat Ernst-Andreas Ziegler, Gründer der Junior Uni, schon immer gehabt. Ein Blick, der in die Zukunft schaut, gleichzeitig die Vergangenheit sieht und vor allem das Potenzial der Gegenwart erkennt. Blickwinkel, wie es es sie nur hier gibt. Aus einem Waggon der Schwebebahn heraus auf den Wupperzugang, der alle Widrigkeiten zum Trotz realisiert worden ist. Aus den Fenstern der Junior Uni hinaus auf die Wupper. Ein Blickwinkel, den man nur in Unterbarmen hat. Besonders im Wohnquartier Loh.
Ein wirkliches Zentrum sucht man hier vergeblich – denn es ist der Mittelpunkt. Loh, mit den Quartieren Friedrich-Engels-Allee, Kothen, Rott, Clausen, Hesselnberg und Lichtenplatz – jene Quartiere, die Unterbarmen bilden. „Unterbarmen ist die Mitte der Stadt“, sagt Heinz-Willi Riedesel-Küper, Geschäftsführer des Unterbarmer Bürgervereins. „Ab der Brücke am Haspel verläuft auch der emotionale Horizont zwischen Rheinland und Westfalen, zwischen Elberfeld und Barmen.“
Und mitten drin, direkt am Loh, die Junior Uni, ein farbenfroher Leuchtturm. „Der Loh war der ideale Standort, mit dem Abriss dieser alten Industriegebäude und dem Neubau der Junior Uni bekam plötzlich der Loh und Unterbarmen das Gesicht eines Aufbruchs, der Revitalisierung von Wuppertal“, erzählt Ziegler. „Vor dem Beginn der Junior Uni war das das besonders vernachlässigte Stadtviertel und plötzlich gab es einen Schwung. Und dieser Revitalisierungsschwung, der hält heute noch an“. Doch wäre das nicht möglich ohne engagierte Menschen, die sich mit Wuppertal, mit Unterbarmen, mit dem Loh, mit diesen unterschätzten Orten identifizieren. Menschen, die mit anpacken, mitgestalten, ihre Spuren hinterlassen. Eben Menschen wie Ernst-Andreas Ziegler, Heinz-Willi Riedesel-Küper oder Bezirksbürgermeister Hans-Hermann Lücke. „Ich würde sagen, den Geist, den Spirit, der Wuppertal immer groß gemacht hat in allen seinen Wohnquartieren – den haben wir da am Loh punktgenau getroffen“, so Ziegler.
Der Loh erfreut sich einer großen Anzahl engagierter Bürger – miteinander und füreinander: „Die Stadt ist auf der einen Seite noch als Stadt nicht so aufdringlich. Man respektiert sich, aber man kümmert sich auch“, so Ziegler. Das Quartier kann eine florierende Künstlergemeinschaft von über 60 Kunstschaffenden vorweisen, die alle zwei Jahre die sogenannte Kunstmeile Unterbarmen veranstalten, berichtet Riedesel-Küper. Ein Format, bei dem sich die ansässigen Künstler im sogenannten Hammelsprung über die „historische Allee“ zwischen Hünefeldstraße und Wittensteinstraße, Farbmühle und Plüschowstraße präsentieren. Zuletzt fand es im September 2023 statt. „In den Hinterhöfen, da ist ein sehr, sehr reges Kunstleben, da proben verschiedene Bands, da sind Ateliers“, berichtet Lücke. Ob Kunsthandwerk, Druck- und Papierkunst, Fotografie, Malerei, Performance – „jedes Mal entdeckt man etwas Neues. Das ist ein ganz entscheidender Punkt für die freie Kunstszene in Wuppertal“, so Lücke. Und was ebenfalls zum Loh gehört? „Die Unterbarmer Hauptkirche“, so der Bezirksbürgermeister. Eine Kirche im neuromanischen Stil, die sich wie ein stiller Wächter gen Himmel richtet. Eine evangelische Kirche, die es ohne die Familie Engels vermutlich nicht so geben würde. „Wenn man überhaupt hier von einer Mitte sprechen kann, so ist dies seit Friedrich Engels‘ Vater historisch die Stadtteilbildung um die Unterbarmer Hauptkirche“, findet Riedesel-Küper, „die heute in den Nachtstunden wie eine ‚Feste Burg’ der Eberfelder Laurentiuskirche Konkurrenz bietet.“ Eine eher schlichte Kirche, innen wie außen, nahezu puristisch: „Aber sie hat Charakter“, so Lücke. Nicht nur christliche Gemeinden sind hier vertreten, auch eine hinduistische Gemeinde, eine tamilische Gemeinde und mehr sind hier beheimatet.
Der Loh verändert sich fortwährend. So hat Schuh Wagner mittlerweile geschlossen, die Räume stehen leer. Die Loher Brücke wird umfassend saniert. Doch kleine, inhabergeführte Geschäfte wie etwa die „Zauberflöte“ trotzen der Konkurrenz der großen Ketten und den Online-Riesen, betont Lücke. Leuchten immer noch im Quartier, weit über die Grenzen des Stadtviertels hinaus. „Man kann dort wunderbar Geschenke für Neugeborene kaufen. Da wird auch fantastisch bedient“.