Gesundheit und Wirtschaft Wuppertaler Unternehmen spüren die große Krankheitswelle

Wuppertal · Krankenkassen melden Rekordzahlen bei Krankschreibungen – in der Stadtverwaltung fällt jeder fünfte Mitarbeiter aus.

Viele Erkrankte leiden an Atemwegsinfekten, also zum Beispiel Erkältungen oder Corona.

Foto: dpa/Susann Prautsch

Aktuell sind so viele Menschen gleichzeitig krank wie lange nicht mehr: Das melden verschiedene Krankenkassen – und bestätigen Wuppertaler Unternehmen und Verwaltung. Sie haben teilweise Schwierigkeiten, die Ausfälle der Mitarbeiter auszugleichen.

Bei der Wuppertaler Stadtverwaltung waren in der vergangenen Woche 947 der 4760 Mitarbeiter krank, eine Quote von 19,9 Prozent. Es fehlt also jeder Fünfte. „Im Moment haben wir noch keine Probleme bei den Aufgaben des Bürgerservices“, also zum Beispiel bei Meldeangelegenheiten, sagt Michael Telian, Leiter des Personalamts. „Das bedeutet natürlich Mehrarbeit für die, die nicht erkrankt sind.“ Die Verwaltung geht Ende dieser Woche in eine Weihnachtspause – vom 24. Dezember bis zum 8. Januar sind viele Einrichtungen geschlossen, in einigen Bereichen werden nur Notdienste angeboten. Diese Maßnahme soll eigentlich Heizkosten in den Verwaltungsgebäuden sparen, könnte aber auch dazu beitragen, dass weniger Mitarbeiter sich gegenseitig anstecken. „Wir können nur abwarten, wie die Situation sich entwickelt“, sagt Michael Telian.

Auch die Bergische Industrie- und Handelskammer (IHK) verzeichnet einen erhöhten Krankenstand. „Wir sind leider keine Insel der Seligen“, sagt Geschäftsführer Thomas Wängler. Die Arbeit, die liegen bleibt, müssen andere Mitarbeiter mehr machen, erklärt er. Auch in anderen bergischen Unternehmen sei das der Fall. „Ich weiß, dass manche Unternehmen Probleme haben, Aufträge zu erfüllen, es kommt zu Verzögerungen. Es wird versucht, das zu kompensieren, aber das wird nicht überall gelingen“, sagt Wängler. Der hohe Krankenstand in den Unternehmen sei nur ein weiteres Mosaiksteinchen, das nach der Corona-Pandemie die Arbeit erschweren würde. „Das wird der bergischen Wirtschaft aber nicht das Genick brechen,“ ist sich Wängler sicher. Viel problematischer sei die generelle Fachkräftelücke, die stetig wachse. „Weil wir die jetzt schon haben, spüren wir die Krankheitswelle umso stärker.“

Bei den Wuppertaler Stadtwerken (WSW) seien vor allem die Bereiche mit Kundenkontakt stärker betroffen. „Es gibt aber keine Leistungseinschränkungen, und die Versorgungssicherheit ist gewährleistet“, sagt Sprecher Rainer Friedrich. Die eingeschränkten Busfahrpläne seien „mehr dem allgemeinen Personalmangel im Fahrdienst geschuldet als einem hohen Krankenstand.“

Auch der Einzelhandel bekommt die Krankheitswelle zu spüren. Matthias Zenker, Vorstand der Interessengemeinschaft der Elberfelder Geschäftswelt (IG1) und Geschäftsführer von Brillen Arlt, hat in seinem Geschäft noch keine Personalausfälle zu beklagen. „Wir merken das aber bei unserer Terminvereinbarung“, so Zenker. Kunden würden Termine kurzfristig absagen. Das erschwere die Planung. Rückmeldungen über „Extremausfälle“ aus der Elberfelder Geschäftswelt hat er aber keine.

Ähnliches berichtet Thomas Helbig, Vorstand der IG City-Barmen: „Ich weiß, dass ein paar Geschäfte Ausfälle haben. So hat eine Bäckerei früher geschlossen, woanders wurde montags nicht geöffnet“, berichtet er. Viele Geschäftsleute beklagten sich. In diesem Jahr fallen die Weihnachtstage auf das Wochenende. „Das ist zwar arbeitgeberfreundlich, aber wir haben weniger Erholungstage, an denen sich Erkrankte auskurieren können“, sagt Helbig. Er wünscht sich, dass Menschen, die noch kurzfristige Weihnachtseinkäufe erledigen, mit ein wenig mehr „weihnachtlicher Gelassenheit“ in die Stadt kommen würden.

Eine Krankenquote von 11,1 Prozent verzeichnet aktuell der Grüne Zoo Wuppertal. Die Versorgung der Tiere sei aber gewährleistet, erklärt Jochen Witjes, Verwaltungsleiter des Zoos. „Für alle Tierpfleger steht das Tierwohl an erster Stelle. Da raffen sich auch die auf, die nur ein Hüsterchen haben.“ Im schlimmsten Fall würden Dienste getauscht.

Viele Menschen lassen sich
vom Arzt krankschreiben

In Nordrhein-Westfalen lassen sich viele Menschen krankschreiben, berichtet die Techniker Krankenkasse. Der Krankenstand der Versicherten liege für das Jahr 2022 schon vor Ende bei 5,3 Prozent, „auf einem Rekordhoch“, 28 Prozent über dem Vorjahreswert. „Verantwortlich für die meisten Fehlzeiten der Erwerbstätigen in NRW sind Atemwegsinfekte und Erkältungskrankheiten“, sagt Barbara Steffens, Leiterin der TK Landesvertretung in NRW. „Erklärungen für den Anstieg sind unter anderem der Wegfall von Schutzmaßnahmen wie Maske tragen, Hände desinfizieren und Abstand halten sowie ein schlechter ‚trainiertes‘ Immunsystem.“

Aktuelle Angaben kann die Barmer Krankenversicherung für Atemwegserkrankungen inklusive Corona und Grippe machen, sagt Sprecher Tobias Klingen. In der Woche vom 28. November bis zum 4. Dezember hatten 44,01 von 1000 Versicherten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.  Seit Anfang November gebe es einen starken Anstieg. Ähnlich hoch sei der Wert seit Anfang 2018 nur Anfang März 2018 gewesen (46,78 von 1000 Versicherten). „Dies war damals auf eine massive Grippewelle im Winter 2017/2018 zurückzuführen.“