Analyse: Die Vorschusslorbeeren sind aufgebraucht
Angesichts massiver Probleme ist Barack Obama in der Gunst der Wähler deutlich abgesackt.
Washington. Ein knappes halbes Jahr nach seinem Durchmarsch bei der Präsidentschaftswahl steht Barack Obama wieder auf dem Boden der Realität. Mittlerweile muss der mächtigste Mann im Lande nicht nur mit einer ausufernden Wirtschaftskrise und dem Kampf gegen den globalen Terrorismus fertig werden. Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt steht Obama vor einer neuen Herausforderung, nämlich unzufriedenen Landsleuten, zunehmend kritischen Massenmedien und einem deutlichen Absacken in der Wählergunst.
Es gehört zu den ältesten Traditionen in der amerikanischen Politik, dass ein neugewählter Präsident einen sogenannten "Honeymoon", politische Flitterwochen genießt. Doch die Schonfrist ist nun vorbei. In den Wählerumfragen bekommt Obama bestenfalls durchschnittliche Noten. Nach der jüngsten Umfrage sind noch 58 Prozent der Amerikaner mit seiner Amtsleistung zufrieden.
Politische Kommentatoren hinterfragen Obamas Ideologie sowie die offenbar nicht zu Ende gedachten Folgen der Rettungsaktionen für die weltgrößte Volkswirtschaft. Zum ersten Mal sieht sich der Präsident in einer Zwangsjacke: Es genügt nicht mehr, das teuerste Konjunkturgesetz in der Geschichte zu verkünden, die marode US-Autoindustrie mit zweistelligen Milliardenbeträgen künstlich über Wasser zu halten und argwöhnischen Republikanern zu erklären, warum man erwägen sollte, sich mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad an den Verhandlungstisch zu setzen. Die Bürger wollen konkrete Ergebnisse sehen.
"Die Unzufriedenheit begann, als Wähler erkannten, dass ein 800 Milliarden Dollar teures Konjunkturprogramm, das mit Steuergeldern finanziert wurde, bisher kaum Wirkung zeigte" erklärt der Nationalökonom Steven Winsley. Schließlich zieht die Arbeitslosenrate weiter an und könnte bis Jahresende die Marke von zehn Prozent überschreiten.
Für Ärger sorgt auch, dass der Staat den Banken weit über eine Billion Dollar an Steuergeldern zuschusterte, diese aber auf dem Geldhaufen sitzenbleiben und die Regierung offenbar außerstande ist, die Finanzinstitutionen zur Kreditvergabe zu ermuntern. Zudem fragen sich die Amerikaner, welche Folgen das gigantische Haushaltsdefizit für ihre Kinder und Enkelkinder haben wird.