Analyse: Gastwirte hoffen auf weißen Rauch
Die Karlsruher Richter entscheiden am Mittwoch über das Nikotin-Verbot in Einraum-Kneipen.
Karlsruhe. Zehntausende Gastwirte, Raucher, aber auch Nichtraucher schauen am Mittwoch gespannt nach Karlsruhe: Das Bundesverfassungsgericht wird dort sein Urteil zu den umstrittenen Rauchverboten in Eckkneipen verkünden. Zwar geht es in erster Linie um die Gesetze Baden-Württembergs und Berlins. Doch mit der Entscheidung werden die Richter voraussichtlich auch Pflöcke für die in anderen Ländern geltenden, ähnlichen Regelungen einschlagen.
Geklagt haben die Berliner Gastwirtin Sylvia Thimm und der Tübinger Wirt Uli Neu. Beide betreiben sogenannte Einraum-Kneipen und sehen sich durch die jeweiligen Landesgesetze benachteiligt: Weil sie im Gegensatz zu großen Gaststätten keinen Bereich für Nichtraucher abtrennen können, müssen ihre Kneipen zwangsläufig komplett qualmfrei sein. Diese Regelung gilt auch für Wirte in Nordrhein-Westfalen.
Kriterium für das Urteil wird dabei nicht die Gefahr des Passivrauchens sein - pro Jahr sterben laut Deutschem Krebsforschungsinstitut mehr als 3000 Menschen an den Folgen. Die Richter haben vielmehr zu entscheiden, ob die wirtschaftlichen Folgen für die Gastwirte zumutbar sind und ob das Rauchverbot "erhebliche Wanderungsbewegungen" zugunsten von Gaststätten mit Raucherräumen ausgelöst hat, wie es Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier formulierte.
In den baden-württembergischen Einraum-Kneipen brach der Umsatz nach Angaben des dortigen Gaststättenverbandes Dehoga nach dem Rauchverbot um bis zu 40Prozent ein. Beispiele anderer Länder mit Rauchverboten wie Irland und Skandinavien dagegen zeigen, dass sich die Umsätze mittelfristig wieder stabilisieren können.
In den Kneipen an Rhein und Ruhr sind derweil gut drei Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes Umsatzeinbrüche ausgeblieben, wie Christian Jäger von der Dehoga NRW sagt. Er führt dies allerdings auch darauf zurück, dass viele Eckkneipen zum Raucherclub mutiert sind - und das Verbot so ausgehebelt wird.
Dennoch hofft auch Jäger auf Karlsruhe. Zwar sei es derzeit "Kaffeesatzleserei", wie die Richter entschieden und ob dies Auswirkungen auf NRW habe. Eine Lösung für eine mögliche Nachbesserung des Landesgesetzes hat Jäger aber schon: das spanische Modell.
Den Kneipenwirten in dem südeuropäischen Land ist selbst überlassen, ob sie eine Raucher- oder Nichtraucherkneipe führen wollen. Die Dehoga schlägt zudem eine Kennzeichnungspflicht vor. Dann entscheidet der Gast, ob er sich dem blauen Dunst aussetzen will oder nicht.