Bildung: Deutsche Universitäten platzen aus allen Nähten

Noch ist völlig unklar, wie in den nächsten fünf Jahren 700000 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden sollen.

Düsseldorf. Hochschulrektoren und Gewerkschaften schlagen Alarm: Sie befürchten, dass die Bundesländer mit "Billigstudienplätzen", also mit wenig kostenintensiven Fächern wie den Geisteswissenschaften, auf den Andrang geburtenstarker Abiturientenjahrgänge an die Universitäten reagieren.

"Bund und Länder haben bisher keine Antwort darauf gegeben, wie sie in den nächsten fünf Jahren Studienplätze für die 700000 zusätzlichen Studierenden schaffen möchten, die die Kultusministerkonferenz allein bis 2012 erwartet", kritisierte Andreas Keller, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Verschärft wird die Situation nicht nur durch die demographische Entwicklung: Bis 2020 wird die Anzahl der Studienberechtigten auch wegen doppelter Abiturjahrgänge erheblich steigen. In NRW wird es im Jahr 2013 ernst, wenn Schüler der Klassen 12 und 13 gleichzeitig ihre Hochschulreife erwerben.

"Wir kalkulieren einen Bedarf für 160000 zusätzliche Studienanfänger bis 2020", sagte ein Sprecher des NRW-Wissenschaftsministeriums. Im Mai hatte die Landesregierung deshalb beschlossen, neue Fachhochschulen zu gründen und deren Anteil an den Studienanfängern von 25 auf 40 Prozent zu steigern.

Bund und Länder verhandeln derzeit über die Fortsetzung des Hochschulpakts I, der 2010 ausläuft. Damit bezuschusst der Bund den Ausbau zusätzlicher 90000 Studienplätze mit 565 Millionen Euro.

Nach Berechnungen der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) benötigen die Hochschulen bis 2020 jedoch 2,6 Milliarden Euro mehr pro Jahr, um zusätzliche Studienanfänger aufzunehmen und um die Betreuung in den neuen Bachelor-Studiengängen sicherzustellen. HRK-Präsidentin Margret Wintermantel: "Die gewünschte Steigerung der Absolventen in Ingenieur- und Naturwissenschaften kann nur erreicht werden, wenn diese teuren Studienplätze bereitstehen."

Viele Hochschulen stoßen bereits an ihre Grenzen. "Aus eigener Kraft können wir nicht mehr aufstocken", sagte Professor Detlef Hebel, Konrektor der Hochschule Niederrhein. Die Auslastung liege bei knapp 140 Prozent. Ohne zusätzliches Geld sei mehr nicht zu leisten. Alles andere gehe auf Kosten der Qualität.