Bulgarien steht am EU-Pranger
Gemeinschaft stoppt Finanzhilfen wegen Korruption.
Brüssel. So etwas gab es noch nie bei der EU. Mit dem Entzug von einer halben Milliarde Euro fährt die EU-Kommission ganz schweres Geschütz gegen das EU-Land Bulgarien auf. Das Abdrehen des Steuergeldhahns in Brüssel soll die Regierung des Sozialisten Sergej Stanischew in Sofia dazu zwingen, Korruption, Vetternwirtschaft und Schlamperei von Amts- und Würdenträgern zu bekämpfen und die Mafia zu entmachten.
Eineinhalb Jahre nach dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur EU zeigt das Vorgehen gegen Bulgarien - Rumänien kam dieses Mal noch geringfügig glimpflicher davon - vor allem, dass Nachsicht und Langmut auch in der EU-Kommission begrenzt sind.
Freilich will man dort die Aktion nicht als Beweis dafür sehen, dass es ein Fehler gewesen sei, beide Länder 2007 trotz bereits damals erkennbarer Mängel aufzunehmen. "Die Mitgliedstaaten und die Kommission waren damals der Meinung, dass man die Probleme nach dem Beitritt besser beheben könnte", sagte Kommissionssprecher Johannes Laitenberger.
EU-Diplomaten sagten, im Kreis der Regierungen habe der Unmut über die Zustände im Balkanteil der Union zugenommen. Und auch in der Kommission scheine die Erkenntnis gewachsen zu sein, dass künftige EU-Erweiterungen in Richtung West-Balkan den EU-Steuerzahlern nicht mehr zu vermitteln seien, wenn dem lockeren Umgang mit dem EU-Geld nicht rasch ein Ende bereitet werde.
Zudem solle anderen Beitritts-Interessenten wie Kroatien, Serbien und Bosnien-Herzegowina klargemacht werden, dass die Nichteinhaltung von Grundregeln zivilisierter Staatsführung in der EU nicht hingenommen werde.
Richtig glücklich waren in der EU nur Bulgaren und Rumänen selbst, als sie am 1. Januar 2007 der Union beitreten durften. Eher zähneknirschend fügten sich die Regierungen der anderen 25 Staaten in das scheinbar Unvermeidliche. Schließlich hatten die Staats- und Regierungschefs der EU höchstpersönlich schon 2004 Sofia und Bulgarien den Beitritt zu diesem Termin versprochen und sich selbst kaum Spielraum gelassen, dies angesichts der Zustände in beiden Ländern noch zu verschieben.
Die Aussetzung der Zahlungen bedeutet nicht, dass Bulgarien von heute auf morgen noch ärmer wird als es ohnehin schon ist: Denn vor allem die wirklich wichtigen Zahlungen aus den EU-Strukturfonds - bis 2013 rund sieben Milliarden Euro - sind noch gar nicht wirklich angelaufen. Allerdings, so machte der Sprecher klar, werde auch dies nur gehen, wenn nun Kontrollmechanismen nicht nur geschaffen, sondern auch angewendet werden.