Dem Osten gehen die Menschen aus
Bevölkerung: Deutschland leert sich: Bis zum Jahr 2060 werden die neuen Bundesländer 37 Prozent ihrer Einwohner verlieren.
Wiesbaden. Die Bevölkerung in Deutschland schrumpft und altert im Osten deutlich schneller als im Westen. In den neuen Bundesländern werden im Jahr 2060 rund 37 Prozent weniger Menschen leben als 2008. In den westlichen Flächenländern werden es voraussichtlich 19 Prozent weniger sein, in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen beträgt das Minus nur 12 Prozent. Das geht aus aktuellen Hochrechnungen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden hervor.
Zurück bleibt eine Gesellschaft mit einem wachsenden Anteil älterer Menschen. "Wir müssen lernen, mit der schrumpfenden und alternden Bevölkerung umzugehen und die Sozialsysteme so umzubauen, dass sie funktionieren. Das können wir jetzt in den neuen Ländern lernen", sagt Rembrandt Scholz vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock. "Die Bundesländer müssen sich dem demografischen Wandel anpassen", fordert der Direktor des Instituts für Bevölkerungs- und Gesundheitsforschung der Universität Bielefeld, Ralf E. Ulrich. Denn: "Die demografischen Unterschiede werden weiter zunehmen."
Dafür sei die Haushaltskonsolidierung der Länder eine wichtige Grundlage. "Der demografische Wandel bringt neben zusätzlichen fiskalischen Belastungen auch Einsparpotenziale", betont Ulrich. Zugleich dürften vor allem die ostdeutschen Länder in ihren Anstrengungen nicht nachlassen, die wirtschaftliche Attraktivität für Investoren zu erhalten. Sie müssten auch in die Infrastruktur für ältere Menschen investieren. So gebe es auf dem Land im Osten derzeit vielerorts weniger Ärzte als im Westen, und die Schere klaffe immer weiter auseinander.
Sachsen-Anhalt war im Jahr 2008 mit einem Durchschnittsalter der Einwohner von 45,9 Jahren das älteste Bundesland; Baden-Württemberg mit 42,2 Jahren das Jüngste. Als Gründe nennt Bettina Sommer vom Stabu den Geburtenrückgang im Osten nach der Wiedervereinigung, die anhaltende Abwanderung junger Leute in den Westen und die im Vergleich zum Westen wenigen ausländischen Zuwanderer.
Gemessen am Altenquotienten - dem Anteil der Menschen im Rentenalter an 100Menschen im Erwerbsalter - ist Sachsen derzeit das älteste und Hamburg das jüngste Bundesland, wie Ulrich errechnet hat. "2060 werden Brandenburg und Thüringen die ältesten Bundesländer sein, und Rheinland-Pfalz und Niedersachsen die jüngsten", prophezeit er. Zuwanderung ist nach Ansicht von Scholz kein Lösungskonzept. "Das geht auf Kosten anderer Regionen." Außerdem: "Die Zuwanderer werden auch älter und bekommen in Zukunft weniger Kinder. Damit verschiebt sich die Lösungsnotwendigkeit des Problems nur in die Zukunft."