G8-Gipfel in Japan: Die Bewährungsprobe

Analyse: Statt Hunger und Aids in der Dritten Welt plagen die Staatschefs diesmal die eigenen Probleme.

Sapporo. Wenn die Chefs der mächtigsten Länder der Erde am Montag im nordjapanischen Toyako im Luxushotel Windsor zum ersten Mal am Konferenztisch Platz nehmen, ist der Druck immens, nicht nur unverbindliche Absichtserklärungen zu produzieren.

Die Probleme beim G8-Gipfel drehen sich diesmal nicht nur um Hunger, Aids-Waisen oder Bildungsnotstand in der Dritten Welt. Diesmal müssen sich die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industriestaaten und Russlands vor allem mit den Sorgen der Menschen daheim beschäftigen: teure Lebensmittel; horrende Rechnungen für Benzin, Öl und Gas; unkalkulierbare Risiken des Klimawandels; Angst um Arbeitsplätze in einer Welt, in der die Konkurrenz aus China, Indien und Brasilien jeden Tag aufholt. Eine echte Bewährungsprobe!

Der Gastgeber, Japans Premierminister Yasuo Fukuda, bringt eins der Dramen so auf den Punkt: "Die globale Erwärmung ist eine enorme Herausforderung, und die Menschheit hat keine Zeit zu verlieren."

Die Bundesregierung wäre schon froh, wenn in Toyako wenigstens in der Sache nicht weniger vereinbart wird als im Jahr zuvor unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Ostseebad Heiligendamm. Damals war aber nur die Rede davon, mindestens eine Halbierung des globalen CO2-Ausstoßes bis 2050 "ernsthaft zu prüfen".

Dass Klimaschutz und Energiepolitik die beiden Seiten derselben Medaille sind, werden die Diskussionen über die weiter ungebrochene Rekordfahrt des Ölpreises zeigen. Experten in Berlin machten von vornherein klar, dass die G8-Chefs "keinen Hebel umlegen und für mehr Öl oder ,Preis runter’ sorgen" können.

Dass es für den Rekordölpreis mehr als einen Grund gibt, wird niemand am Konferenztisch in Japan bezweifeln: Spekulanten kalkulieren sogar die Kriegsgefahr wegen eines israelischen Militärschlags gegen iranische Atomanlagen in den Preis ein.

Die schwächelnde und damit preistreibende "Ölwährung" Dollar dürfte nach der Zinserhöhung in Europa für Anleger kaum attraktiver werden. Und wer könnte es Indien und China verdenken, für den langsam aufblühenden Wohlstand ihrer Nationen immer mehr umweltschädliche fossile Energieträger wie Öl und Kohle zu verfeuern?

All diese Entwicklungen treffen erst recht diejenigen, die täglich um ihre Existenz kämpfen. Die durch die Energiepreise angeheizte Inflation macht den Kampf von Hilfsorganisationen gegen Hungersnöte zu einer immer kostspieligeren Aufgabe. Weltbank-Präsident Robert Zoellick schlägt Alarm: "Es ist eine von Menschen geschaffene Katastrophe, die von Menschen wieder in Ordnung gebracht werden muss." Er bat die G8 um 6,3Milliarden Euro, um wenigstens die ärgste Not zu lindern.