Gaddafi lässt aufs Volk feuern
Rebellen-Städte unter schwerem Beschuss. Deutschland will sich nicht in den Bürgerkrieg hineinziehen lassen.
Tripolis. Die Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi haben gestern die Städte Misurata und Adschdabija unter schweres Feuer genommen. Der Weltsicherheitsrat will sich erneut mit einem Flugverbot über Libyen befassen.
Deutschland ist dagegen, wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle in einer Regierungserklärung deutlich machte. Die vermeintlich einfache Lösung werfe „mehr Fragen und Probleme auf, als sie zu lösen verspricht“, betonte er im Bundestag.
Die Offensive der Gaddafi-Truppen gegen die Rebellen, die die östliche Landeshälfte beherrschen, geriet indes ins Stocken. Der frühere Innenminister Abdulfattah Junis, der sich den Rebellen angeschlossen hat, sagte im Nachrichtensender Al-Arabija, die „Revolutionäre“ hätten in Adschdabija am Vortag Dutzende Soldaten getötet und Dutzende weitere gefangen genommen.
Die strategisch wichtige Stadt 160 Kilometer südlich der Rebellenmetropole Bengasi lag gestern unter Geschützfeuer. Nach Rebellenangaben wurde außerdem die westliche Stadt Misurata von drei Seiten mit Panzern und Artillerie beschossen.
Den Regimetruppen sei es aber bislang nicht gelungen, in die Stadt einzudringen. In der belagerten Stadt 210 Kilometer östlich von Tripolis seien inzwischen Wasser und Strom ausgefallen, berichteten Bewohner.
Die Gaddafi-Getreuen sprachen ihren Anhängern mit pompöser Siegesrhetorik Mut zu. „Die Militäroperationen sind vorbei. In 48 Stunden ist alles beendet“, erklärte der Diktatorensohn Saif al-Islam in einem Interview des TV-Senders Euronews. Der Sturm auf Bengasi stehe bevor.
Die „Verräter“, wie er die Rebellen bezeichnete, sollten „am besten mit ihren Familien nach Ägypten auswandern“. Machthaber Gaddafi schwor vor Anhängern in Tripolis, er werde die libyschen Ölquellen gegen Frankreich, Großbritannien und die USA verteidigen.
In seiner Regierungserklärung zu den Umbrüchen in der arabischen Welt äußerte sich Bundesaußenminister Westerwelle weiter ablehnend zu einer Flugverbotszone über Libyen. Deren Durchsetzung sei nichts anderes als eine militärische Intervention. „Wir wollen und dürfen nicht Kriegspartei in einem Bürgerkrieg in Nordafrika werden.“
Der Politiker warb für eine Verschärfung der internationalen Sanktionen gegen das Gaddafi-Regime und drohte dessen Mitgliedern mit dem internationalen Strafgerichtshof. dpa