Gazprom will Ukraine den Hahn zudrehen

Weil Kiew die Rechnungen nicht bezahlt, macht Moskau Druck – auch auf Europa.

Moskau. Der alljährliche Gasstreit mit der Ukraine gehört für die Russen schon fast so zum Neujahrsfest wie der Krimsekt: Der vom Kreml kontrollierte Monopolist Gazprom hat wieder einmal gedroht, zum Jahreswechsel den Hahn zuzudrehen, sollten die Ukrainer ihre Schulden nicht begleichen.

Die finanziellen Engpässe der prowestlichen ukrainischen Regierung sind berüchtigt. Seit dem Zerfall der Sowjetunion streiten sich die beiden Nachbarn ums Geld. Weil die Ukraine über die Transitleitungen in Richtung Westen mitversorgt wird, löst jeder neue Konflikt auch in der EU Besorgnis aus.

Zwar versicherten beide Seiten, der Zwist werde keine ernsthaften Auswirkungen auf die Kunden in Europa haben. Vorsorglich warnte Gazprom seine Partner im Westen aber vor möglichen Lieferengpässen.

In den vergangenen Jahren sah sich die Ukraine meist auch mit Preiserhöhungen aus Moskau konfrontiert. Nun aber schwächt der Verfall des Ölpreises, an den der Gaspreis mit mehrmonatiger Verzögerung gekoppelt ist, die russische Position. Seine Interessen trägt Moskau dennoch vor: Wenn nicht gezahlt wird, gebe es keinen neuen Vertrag und damit ab dem 1. Januar auch kein Gas mehr.

Die von einer innenpolitischen Dauerkrise geplagte Ukraine hat akute Finanzprobleme und musste zuletzt einen Milliardenkredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Anspruch nehmen.

Vor allem der in die Nato drängende Präsident Viktor Juschtschenko ist eine Reizfigur für den Kreml. Die Moskauer Tageszeitung "Kommersant" zitierte den Gazprom-Vize Alexander Medwedew mit den Worten, der Gasstreit sei mehr als nur ein russisch-ukrainisches Problem.

Im Klartext: Die Europäer sollten sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, wie sie die Ukraine in die Nato bekommen, sondern sich eher mit dem Zustand der ukrainischen Wirtschaft befassen.

Die Probleme beim Überland-Transit führt Gazprom als wichtiges Argument für die innerhalb der EU umstrittene Ostsee-Gaspipeline von Russland nach Deutschland an. Auch mit dem zweiten Transitnachbarn, Weißrussland, gibt es laufend Ärger.

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko will am Montag persönlich in Moskau verhandeln. Da er im Gegensatz zu Juschtschenko keine Nato-Ambitionen hat, darf er auf russische Nachsicht hoffen.