Meinung Kohleausstieg - Auftrag Zukunft lässt nicht immer Maß und Mitte zu

Meinung · Es gibt nicht wenige, die in Ministerpräsidente Armin Laschet einen politischen Verwalter sehen, dessen Programm sich aus der Realität und der gerade gewonnenen Erkenntnis speist – und eben nicht umgekehrt: Reaktion statt Richtung.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU, l) bei einer Betriebsversammlung von RWE-Mitarbeitern am Braunkohle Tagebau Hambach.

Foto: dpa/Oliver Berg

Der Versuch der SPD in NRW, Vorschläge und vorgesehene Strukturhilfen der Kohlekommission für das Rheinische Revier gleichsam als Backpfeife für die vernachlässigte Steinkohleregion im Ruhrgebiet zu interpretieren, greift ins Leere. Und ist dann eben doch nur der erkennbare politische Standardversuch, aus etwas Gutem – der breiten Einigung einer völlig heterogen besetzten Kommission mit ganz unterschiedlichen Interessenslagen – das Schlechte herauszuquetschen.

Denn aus dem gesellschaftlich vorangetriebenen und nun stürmischen Drang zum schnellen Ausstieg aus allem, was jahrzehntelang Umwelt, Klima und Gesundheit belastet, aber eben auch unseren Wohlstand mitbegründet hat, müsste eher eine überparteiliche Gesamtkraftanstrengung resultieren. An deren Ende die Republik und in deren Herzen NRW den Umstieg auf modernste Energiegewinnung geschafft hätte – und so als Zukunftsregion ein Beispiel für die Welt geben kann.

Ein Kommentar von Olaf Kupfer.

Foto: Sergej Lepke

Aber ein solches Gesamtengagement wird man von den politischen Kräften im Tagesgeschäft, in dem es um Deutungshoheit und zugeschriebene Siege geht, kaum erwarten können. Stattdessen werden Regionen gegeneinander ausgespielt. Nun ja.

Deshalb ist aber der Angang der Regierung noch nicht richtig: Laschets Mahnung am Montag zu „Maß und Mitte“ bleibt sein Programm: Ginge es allein nach dem Ministerpräsidenten, würde der Kohleausstieg wie auch der Kampf gegen den Diesel in den deutschen Städten weniger ambitioniert geführt, stets mit der Rechtfertigung, das „Fundament unserer Volkswirtschaft“ sei bedroht. Laschet sieht es in Windeseile wegbrechen: „Dies im Blick zu haben, dass da hunderttausende Arbeitsplätze dranhängen – das wäre nicht schädlich.“

Angebrachte Mahnung? Oder doch eher Tempoverschleppung? Es gibt nicht wenige, die in dem jovialen Ministerpräsidenten, der durch seine rheinische Art nahe bei den Menschen ist, einen politischen Verwalter sehen, dessen Programm sich aus der Realität und der gerade gewonnenen Erkenntnis speist – und eben nicht umgekehrt: Reaktion statt Richtung. Das ist in der Dieselfrage zu erkennen, in der Infrastruktur an Schulen, auch im Hinblick auf den Hambacher Forst. Motto: Wenn der Wald laut Kohlekommission bleiben soll, geraten eben andere Tagebaue unter Druck. Auch beim Digitalpakt: Wenn die Bundesregierung ihre Etatlücken mit dem Ausbleiben weiterer Zahlungen an die Schulen in den Ländern ausgleichen will, hinterfragt Laschet die dafür vermeintlich notwendige Verfassungsänderung, die gerade im Vermittlungsausschuss verhandelt wird. Besser wäre, er würde Schule konsequent in die Zukunft denken. Das ist seine Chance. Mit allem anderen gewinnt er nur: Zeit.