Meinung Kohlekommission: Gewaltige Chancen
Meinung · Kaum hat die Kohlekommission ihre Arbeit aufgenommen, liegt schon ein Konzept vor. Ein ausdiskutiertes Papier kann das allein wegen der fehlenden Zeit nicht sein. Wer das Konzept an den „Spiegel“ durchgereicht hat und aus welchen Gründen, lässt sich nur spekulieren.
Klar ist hingegen, dass die nun laufende öffentliche Debatte die Arbeit der Kommission erschwert. Alle ziehen sich auf ihre Maximalpositionen zurück und verunglimpfen mögliche Kompromisse als „nicht akzeptabel“.
Dabei ist das, was Bahn-Vorstand Ronald Pofalla als einer von vier Vorsitzenden der Kommission da im Kanzleramt vorgestellt hat, gar nicht dumm. Die ältesten und umweltschädlichsten Kraftwerke können schon bis 2020 vom Netz gehen. Dieser Strom lässt sich leicht anders erzeugen. Plausibel erscheint auch, den Kohleausstieg zwischen 2035 und 2038 zum Abschluss zu bringen und öffentliche Hilfen für die betroffenen Reviere in einem Bundesgesetz festzuschreiben. Richtig: Auf viele Fragen muss bei diesem Konzept noch eine Antwort gefunden werden. Aber die grundsätzliche Linie stimmt. Angesichts des Klimawandels kann niemand ernsthaft erwägen, bis 2045 im großen Stil Braunkohle zu verfeuern.
Irritierend ist, wie defensiv der Energiekonzern RWE mit dem absehbaren Ausstieg umgeht. Das Beharren auf bekannten Positionen dominiert. Dass der Strukturwandel gewaltige Chancen bietet, scheint in der Essener Zentrale unbekannt zu sein. Das Rheinische Revier im Städtedreieck zwischen Aachen, Düsseldorf und Köln glänzt – anders als die Lausitz – mit hervorragender Infrastruktur. Zudem ist die Region keineswegs abhängig von der Kohle, nur ein Minimum der Arbeitsplätze hängt an dem Energieträger. Wenn die Braunkohle geht, bieten sich riesige Flächen, die sich bestens vermarkten lassen. Und anders als bei Steinkohle gibt es keine offenen Flöze, aus denen über Jahrhunderte das Wasser abgepumpt werden muss.