Interview: „Wir haben Fehler gemacht, aber jetzt sehen die Leute Taten“
FDP-Generalsekretär Christian Lindner über liberales Krisenmanagement.
Herr Lindner, seit einem Jahr ist Schwarz-Gelb im Amt, seitdem ist die FDP von 14,6 auf 5 Prozent der Wählerstimmen abgestürzt. Wer braucht Ihre Partei noch?
Lindner: Alle, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen wollen. Deutschland braucht eine Partei, die marktwirtschaftlich und leistungsorientiert ist. Die fair ist, aber nicht gleichmacherisch.
Und die nicht überall nur Risiken sieht, sondern auch Chancen. Dieses Profil zeigt sich jetzt bei der Aussetzung der Wehrpflicht, der Reform von Hartz IV, dem Energiekonzept, in der Bildungspolitik und den kommenden Steuervereinfachungen.
Lindner: Die Stimmung nehmen wir ernst. Die FDP hat Fehler gemacht, dafür haben wir einen Preis bezahlt. Aber das liegt Monate zurück. Jetzt sehen die Leute Taten - und die schlimme rot-grüne Alternative hier in NRW.
Lindner: Da ist nichts dran. Im Gegenteil: Derzeit befragen wir auf Regionalkonferenzen die Parteibasis, und dort erhält Guido Westerwelle große Unterstützung. Was gewesen ist, ist gewesen. Jetzt wird gearbeitet.
Lindner: Wir haben zu lange gebraucht, unsere Prioritäten zu klären. Da hat Übersicht gefehlt. Wir waren nicht sensibel genug, um unsere Forderungen mit der veränderten Lage nach der Eurokrise abzugleichen. Und die Menschen haben den Eindruck gewonnen, dass die Koalition zentrale Reformvorhaben vor der NRW-Wahl verschleppt hat.
Lindner: Was bedauerlich ist, weil es uns bis heute eben auch um Steuervereinfachung und mehr Steuergerechtigkeit geht.
Lindner: Der Schuldenabbau hat Priorität. Mittelfristig bleibt es aber dabei: Die strikte Haushaltsdisziplin muss dazu führen, dass wir die kleinen und mittleren Einkommen entlasten können.
Lindner: Wir kennen noch nicht einmal den Warenkorb, auf dessen Grundlage gerechnet wird. Ich halte deshalb Spekulationen von 400 Euro pro Monat für unrealistisch. Für uns ist wichtig, dass die Sozialreform bei den Kindern ankommt, Zuverdienstmöglichkeiten für Fleißige verbessert werden und der Schuldenabbau nicht verzögert wird.
Lindner: Es geht doch bei dieser Wahl nicht um ein einzelnes Infrastrukturprojekt, sondern um die Bilanz einer guten Regierungsarbeit. Außerdem zeigen sich insbesondere die Grünen hier als Nein-Partei, als Protagonisten einer Dagegen-Republik. Aber die Mehrheit stimmt uns zu, dass wir die Infrastruktur fit für die Zukunft machen müssen.
Lindner: 73 Prozent der Bürger haben sich in Umfragen für eine befristete Verlängerung der Laufzeiten ausgesprochen, wenn die Gewinne, die daraus erwachsen, in die erneuerbaren Energien fließen. Genau das tun wir. Fakt ist doch, dass die Energiepolitik von SPD und Grünen auf Wunschdenken basiert.
Lindner: Auch wir wollen eine Energiewende, aber mit Rationalität. Erst eine Verlängerung der Laufzeiten macht diese Energiewende doch bezahlbar. Es geht um die Stromrechnungen der Kunden, aber es geht auch um Mittel für die Erforschung neuer Speichertechnologien und die Endlagerung radioaktiven Mülls.
Lindner: Wir haben alle gelernt und werden nun unsere solide Sacharbeit in den Vordergrund stellen. Dass es neben Gemeinsamkeiten aber immer auch Meinungsunterschiede gibt, ist doch selbstverständlich.