Hartz-IV-Reform nimmt Formen an
Die Regelsätze werden sich künftig an der Entwicklung von Preisen und Löhnen orientieren. Zahlen stehen noch nicht fest, aber sicher ist, dass Bildung eine größere Rolle spielt.
Berlin. Wer einen Blick in den Haushaltsentwurf für 2011 wirft, kann noch nicht erkennen, ob es für Hartz-IV-Empfänger künftig einen Aufschlag gibt oder nicht.
Weil die Konjunktur so gut läuft, hat Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) in ihren Einzelplan für Langzeitarbeitslose sogar drei Milliarden Euro weniger eingeplant als im laufenden Jahr.
Am Montag legte ihr Haus letzte Hand an den Gesetzentwurf für die Hartz-IV-Neuberechnung, bevor er an die anderen Ressorts ging.
Auch dort wird man Zahlen über die neuen Regelsätze vergeblich suchen. Erst am Wochenende will die Koalition eine Entscheidung treffen. 359 Euro bekommt ein Langzeitarbeitsloser heute monatlich als Grundsicherung, zuzüglich der Mietkosten.
Künftig sollen sich die Bezüge der mehr als 6,5 Millionen Hartz-IV- Empfänger an Preisen und Löhnen orientieren. Bisher sind die Regelsätze für Langzeitarbeitslose an die Renten gekoppelt.
Von der Leyen will eine Mix-Berechnung, die sich zu 70 Prozent am Preisniveau und zu 30 Prozent an der Lohnentwicklung orientiert.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar eine transparentere Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze bis zum Jahresende verlangt und zugleich den Bund verpflichtet, dabei auch den speziellen Bedarf der 1,7 Millionen Kinder aus diesen Familien zu berücksichtigen.
Dabei geht es auch um ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, wie Mitgliedschaft in Sportvereinen oder Besuch von Musikkursen. Bisher werden die Regelsätze für Kinder vom Bedarf der Eltern abgeleitet. Ein Budget für Bildung ist für sie schlicht nicht vorgesehen.
Von der Leyen will diesen Bedarf aber nicht dadurch decken, dass sie den Familien mehr Geld zahlt, sondern durch Sachleistungen. So soll zum Beispiel sichergestellt werden, dass die Kinder ein warmes Mittagessen in der Schule bekommen.
Die Ministerin musste sich vor allem aus der CSU Kritik anhören, die geplante Chipkarte für Bildungsleistungen drücke Misstrauen gegenüber den Eltern aus.
Allerdings stöhnt man auch in den Jobcentern schon über "Verwaltungswut der Extraklasse". Die Ministerin besteht nicht auf der von ihr favorisierten Chipkarte, wohl aber darauf, die Hilfen fast ausschließlich als Sachleistung bereitzustellen.
Die Kommunen sind für ein Chipkarten-System offen, verlangen aber, dass der Bund auch die Infrastruktur wie die Lesegeräte bezahlt. Nun sind rund 500 Millionen Euro für das Bildungspaket und weitere 120 Millionen Euro für das Schulessen veranschlagt.
Von der Leyen hatte in ihrem Etat bisher nur 480 Millionen Euro eingestellt. Kommunalvertreter hatten das zuletzt als zu gering betrachtet.
Der Gesetzentwurf ermächtigt die Kommunen auch, die Wohnkosten künftig pauschal auszuzahlen, wobei sich die Höhe der Pauschale nach dem örtlichen Wohnungsmarkt richten wird. Das Gesetz macht Vorgaben, was als angemessen für Hartz-IV-Empfänger zu gelten hat. Eine Quadratmeterzahl ist aber nicht mehr vorgeschrieben.