FDP rudert bei Mittelschule zurück

Liberale geben auf Druck der CDU Bekenntnis zur Hauptschule ab.

Düsseldorf. Die FDP im nordrhein-westfälischen Landtag machte gestern ganz in Harmonie: Selbstverständlich halte man am dreigliedrigen Schulsystem fest und denke nicht im Traum daran, die Hauptschule abzuschaffen. Das sagten Fraktionschef Gerhard Papke und Parteichef Andreas Pinkwart. Beide waren eindeutig bemüht, den Eindruck vom Vortag aus der Welt zu schaffen: Dass nämlich Pinkwarts Vorschlag einer Mittelschule der Aufkündigung der gemeinsamen Bildungspolitik mit der CDU gleichkam.

Genau das war aber die eindeutige Interpretation von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und CDU-Fraktionschef Helmut Stahl. Beide nahmen Pinkwarts Mittelschul-Idee ernst und wuschen dem Liberalen gehörig den Kopf. So gehe das nicht, dieser Vorschlag sei nicht abgestimmt, konterkariere die eigene Politik und belaste zudem die Halbzeitbilanz, die ja eigentlich rundum positiv ausfallen sollte. Das sagten sie gestern morgen im Koalitionsausschuss, die Liberalen schauten betreten drein.

Was Rüttgers besonders wurmte: Ausgerechnet Pinkwart gerierte sich als Unruhestifter. Dabei galt der Vize-Ministerpräsident bislang als enger Vertrauter von Rüttgers und als verlässliche Stütze der Koalition. Doch Pinkwart hat eine klare Ansage aus Berlin bekommen: Bundes-FDP-Chef Guido Westerwelle verlangt eine deutliche Profilierung, deswegen musste Pinkwart plötzlich Zähne zeigen.

In der NRW-FDP sorgte die Mittelschule für Aufregung. In der Fraktion gab es massive Kritik an dem Vorstoß, der auch dort nicht abgestimmt war. Und der Chef der Nachwuchsorganisation Junge Liberale, Marcel Hafke, bezeichnete die Mittelschule als "Einzelmeinung" Pinkwarts.

Den feinen Unterschied zwischen Partei und Person machten der Philologen-Verband und der Realschullehrerverband jedoch nicht. "Welche Not durchzieht eine Partei, den Einheitsvisionen der Oppositionsparteien entgegenzulaufen?", fragte Philologen-Chef Peter Sibernagel an die Adresse der Liberalen. Und auch der Landesvorsitzende der Realschullehrer, Ulrich Brambach, sprach von einem "Wortbruch gegenüber Tausenden von Schülern und Eltern". Die offenbar "mit heißer Nadel gestrickte regionale Mittelschule spricht der Notwendigkeit einer intensiven Förderung Hohn".

Obwohl die FDP inzwischen zurückrudert, ist das Thema gleichwohl noch nicht vom Tisch. Sie will im kommenden Jahr bei einem Bildungskongress über die Mittelschule diskutieren - damit auch über die Schulstruktur. "Das muss uns als Koalitionspartner möglich sein", sagte Papke. Auch wenn diese Debatte keine direkten Konsequenzen haben wird, ist sie doch für die CDU unangenehm. Sie steht künftig immer mehr als einzige Verteidigerin des gegliederten Schulsystems dar - und damit als Betonköpfe.