Überzeugungsarbeit für Groko Michael Groschek auf Groko-Werbetour: „Für NRW gilt: Basis statt basta“

SPD-Landeschef Michael Groschek spricht im WZ-Interview über seine Groko-Werbetour, die Jusos und Provokationen der CDU.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Es halten sich Gerüchte, dass Michael Groschek in einem neuen Kabinett von Angela Merkel (CDU) eine Rolle in Berlin spielen könnte. Darüber reden möchte der NRW-Chef der SPD jetzt nicht. Groschek ist im Stress: Am Abend will er die NRW-Delegierten aus Westfalen in Dortmund von einer neuen große Koalition in Berlin überzeugen, die er in der Sondierung mitverhandelt hat. Dienstagabend in Düsseldorf: das gleiche Programm. Vorher sprach er mit uns.

Herr Groschek, Sie müssen derzeit mit Martin Schulz die SPD-Basis vor allem in Nordrhein-Westfalen von einer neuen Groko überzeugen. Warum wird Ihnen das am Ende gelingen?

Michael Groschek: Sie sagen es: Es geht darum, zu überzeugen — nicht zu überreden. Und wir können guten Gewissens für eine Zustimmung werben, denn wir haben viele unserer Ziele umsetzen können. In den Diskussionen wird es darum gehen, zuzuhören.

Wann ist denn der Groko-Gegner Michael Groschek zum Anhänger der Neuauflage einer Zusammenarbeit mit der CDU in Berlin geworden? Was hat Sie selbst überzeugt?

Groschek: Politik ist doch kein Wunschkonzert. Gerade dann nicht, wenn man als SPD nur 20 Prozent der Stimmen bei der Bundestagswahl bekommt. Wir in NRW haben immer gesagt, dass es auf die Inhalte ankommt und dann entscheiden wir. Fest steht: Mit der SPD in einer Regierung würde es große Verbesserungen gerade bei der Bildung, bei sicheren Renten und in der Europapolitik geben.

Vor der Bundestagswahl haben Sie mit Gelsenkirchens Bürgermeister Frank Baranowski (SPD) für eine Umwidmung des Solidaritätszuschlags in einen Zukunftsfonds für strukturschwache Regionen geworben. Und dabei an die Nöte des Ruhrgebiets gedacht. Jetzt soll der Zuschlag mittelfristig abgeschafft werden — und Sie stehen dahinter?

Groschek: Das Sondierungspapier macht Schluss mit der Förderung nach Himmelsrichtung. Das ist ein wichtiger Schritt. Die Förderung nach Bedarf wird auch vielen Kommunen in NRW direkt helfen können. Es lohnt der Blick in die Details: Vier Milliarden Euro für den Sozialen Arbeitsmarkt bieten eine echte Perspektive für viele Langzeitarbeitslose. Acht Milliarden Euro zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei den Flüchtlingskosten helfen den Kämmerern bei ihrer Planung für die kommenden Jahre. Die Abschaffung des Kooperationsverbotes macht den Weg frei, um die Schulen fit zu machen für die Digitalisierung. Und es gibt mehr Geld für Infrastruktur, mehr sozialen Wohnungsbau und eine bessere Finanzierung des ÖPNV.

Wie bewerten Sie die Rufe innerhalb der SPD nach notwendigen Nachbesserungen des Sondierungsvertrags? Nerven Sie die Jusos derzeit besonders?

Groschek: Das Sondierungspapier ist kein fertiger Koalitionsvertrag. Aber wir dürfen auch nicht mehr versprechen, als wir am Ende halten können. Ich war selbst Juso-Vorsitzender in einer Stadt und bin froh, dass die Jusos so intensiv dabei sind und als Stachel im Fleisch der SPD gesehen werden. Alle, die mitdiskutieren, tragen aber auch Mitverantwortung. Denn die Punkte, die das alltägliche Leben wirklich besser machen, werden ohne die SPD nicht kommen.

War es nicht ein Fehler der NRW-SPD — wie Sigmar Gabriel das bewertet —, auf dem Parteitag in Berlin für diese Zustimmungsverpflichtung der Basis geworben und gesorgt zu haben?

Groschek: Nein. Wir nehmen unsere Mitglieder als mündige Bürger ernst. Für Nordrhein-Westfalen gilt weiterhin das Prinzip „Basis statt basta“.

Trotzdem ist das Misstrauen in der SPD gegenüber der Union offenbar nach wie vor gewaltig. Wie lässt sich denn da eine neue Vertrauensbasis schaffen, sollte es in Koalitionsgespräche gehen?

Groschek: Wir machen unmissverständlich klar: Das, was vereinbart wird, muss auch umgesetzt werden. Dieses Prinzip galt bei der vergangenen Auflage der Groko leider nicht immer. Deshalb haben wir in den Sondierungen auch zur Arbeitsweise einen neuen Umgang vereinbart. Nach spätestens zwei Jahren soll in der Regierung, wenn sie denn zustande kommt, ein Zwischenfazit gezogen werden. Was aber ganz schnell aufhören muss, sind die Provokationen aus der zweiten Reihe der CDU. Deren NRW-Fraktionsvorsitzender Bodo Löttgen schadet zum Beispiel der Debatte, wenn er mit Stänkereien seinen Bekanntheitsgrad steigern will.