Koran-Verteilaktion „Lies!“ NRW-Landtag kontra Salafistenpropaganda

NRW-Regierung und Opposition sind einig im Kampf gegen die Koran-Verteilaktion „Lies!“. Die Aktivitäten des Netzwerks sollen so schnell wie möglich unterbunden werden.

Koran-Verteilaktion „Lies!“: NRW-Landtag kontra Salafistenpropaganda
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Düsseldorf. Ein deutliches Zeichen gegen salafistische Propaganda haben am Freitag die Abgeordneten des NRW-Landtags gesetzt. Mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU und der FDP wurde die Beschlussempfehlung der Liberalen abgesegnet, die Aktivitäten des Netzwerkes „Lies!“ und der damit verbundenen Organisationen unverzüglich zu unterbinden. Lediglich Abgeordnete der Piraten enthielten sich oder stimmten dagegen, weil sie zwar das Anliegen grundsätzlich teilen, die Zuständigkeit jedoch nicht beim Land Nordrhein-Westfalen sehen. Die Initiatoren von „Lies!“ hatten sich unter anderem auf die Fahnen geschrieben, an jeden Haushalt in Deutschland eine deutschsprachige Ausgabe des Koran zu verteilen.

„Wir wollen ein gemeinsames Zeichen setzen“, sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). „Lies!“ sei eindeutig eine extremistische Kampagne, die unter dem Deckmantel des Islam für Hass, Gewalt und Terrorismus werbe, so Jäger weiter. Der Minister räumte allerdings ein, dass es „schwierig bis sehr schwierig“ sei, gegen das Netzwerk vorzugehen. „Wir gehen jedem Hinweis auf strafrechtliche Vergehen in NRW nach“, versprach Jäger. Mit im Boot sei der Verfassungsschutz, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene.

Joachim Stamp (FDP) formulierte zwei Ziele, denen intensiv nachgegangen werden solle. Zum einen müsse man „den Verbrechern ihre Verbrechen nachweisen“. Es gehe eben nicht um die Verteilung des Korans, sondern um eine gezielte Radikalisierung. Zum anderen soll laut Stamp das „Al-Capone-Prinzip“ angewandt werden. „Wenn wir ihnen einen Mord nicht nachweisen können, dann sollten wir versuchen, sie steuerrechtlich oder gewerbesteuerrechtlich dranzubekommen“, so Stamp. „Wir müssen alles machen, um diesen Leuten das Handwerk zu legen“, betonte der FDP-Landtagsabgeordnete.

Die Koranverteilung hatte im Jahr 2011 begonnen und seitdem sind laut Verfassungsschutzbericht bundesweit inzwischen drei Millionen Exemplare in Umlauf gebracht worden. Diese Zahl nahm Monika Düker (Grüne) zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass jeder fünfte aus NRW ins Kriegsgebiet Ausgereiste Kontakt zu „Lies!“ gehabt habe — genau wie einer der Sikh-Tempel-Attentäter. Auch der Islamist Sven Lau hat längere Zeit an der Kampagne mitgewirkt. Jetzt hat die Bundesanwaltschaft ihn wegen Unterstützung einer islamistischen Terrormiliz angeklagt.

Düker forderte, „alle Register zu ziehen, um dieses Netzwerk zu zerschlagen“. Düker sagte aber auch, dass man sich grundsätzlich Gedanken machen müsse, wie man junge Menschen immun gegen Salafismus machen kann. Dazu gehöre unter anderem, sich um jene zu kümmern, die orientierungslos seien, Ausgrenzung empfinden oder sich subjektiv ungerecht behandelt fühlen. Als Beispiel nannte Düker das Projekt „Wegweiser“. Dabei arbeiten Behörden mit Schulen, Psychologen und Lehrern zusammen, um die Radikalisierung junger Menschen zu verhindern — oder einen Ausweg aus dem Kreis der Gewalt zu finden.

Ein wichtiger Faktor sei laut Düker, einen „guten islamischen Religionsunterricht“ anzubieten, genau wie katholischen oder evangelischen Religionsunterricht. Zum Schutz vor politischem Islamismus müssten zudem Lehrkräfte sensibilisiert werden, um Fehlentwicklungen bei ihren Schülern besser zu erkennen. Dabei seien natürlich auch die Eltern gefragt. Düker: „Alle abgehängten Jugendlichen brauchen eine Chance.“