Wulff bedauert sein Schweigen

Der Bundespräsident beugte sich dem Druck und gab am Donnerstag eine Erklärung ab.

Berlin. Gut 48 Stunden hat Bundespräsident Christian Wulff gebraucht, um auf den immer weiter anschwellenden Sturm der Kritik zu reagieren. Zunächst war offenbar die Hoffnung da, er könne die Vorwürfe wegen seines Schweigens über einen 500 000-Euro-Privatkredit einfach aussitzen.

Dann sprang ihm sogar Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Seite. Doch am Tag drei beugte sich Wulff dem Druck, den einige Medien unermüdlich aufrecht erhielten.

Stünde nicht Weihnachten vor der Tür, sondern die Sommerpause, die Dinge hätten sich womöglich anders entwickelt. Aber der Bundespräsident hat in den letzten Wochen des Jahres einen besonders vollen Terminkalender.

Die Weihnachtsansprache ist vielleicht der wichtigste Eintrag. Von Stunde zu Stunde wurde deutlicher, dass ein im Ansehen beschädigter Bundespräsident auf den Bildschirmen erscheinen würde. Nun kommen von ihm Worte des Bedauerns.

Ob die Erklärung von Donnerstag ausreicht, die oft vernichtende Kritik in den Medien zu besänftigen, ist aber noch nicht gewiss. Denn der Kredit-Wirbel hatte längst sein eigentliches Terrain verlassen und zu Debatten über das moralische Gewicht und die moralischen Standards des Christian Wulff geführt. Unvermeidlich wurden einige der Reden des Bundespräsidenten unter die Lupe genommen.

Vor dem Hintergrund seines beharrlichen Schweigens las sich manches seltsam, nicht zuletzt die Rede vor Nobelpreisträgern in Lindau im August, die Wulff selbst besonders wichtig ist. Schließlich ging es auch da um Kredite, um Schulden, um Vertrauen: „Vertrauen ist unersetzlich, es ist schwer zu erreichen, aber leicht zu zerstören. Auf Vertrauen kommt es an. Wir müssen ehrlich miteinander und mit uns selbst sein.“

Wenig später sagte Wulff in Krakau: „Politik braucht Maßstäbe, die nicht aus dem politischen Handeln selber kommen. Politik braucht ethische Maßstäbe, die aus Überzeugungen kommen, die über den Tag hinausweisen.“ Damals wusste er längst, dass Journalisten dem Privatkredit und dem beharrlichen Schweigen des Präsidenten auf der Spur waren.

Offiziell ist nicht bekannt, welchen Druck die Kanzlerin auf den Mann aus Niedersachsen ausgeübt hat, aber sicher ist: Eine Präsidentenkrise, zur Eurokrise und zur FDP-Krise, kann sich Merkel in diesen Monaten keinesfalls leisten. Dies hätte das Ende ihrer Regierung bedeuten können, zumal die Präsidentschaft Wulffs ja ihr Projekt ist.

Eineinhalb Jahre ist es her, dass Vorgänger Horst Köhler zurücktrat, Merkel setzte Wulff durch. Unvorstellbar, wenn nun auch er seinen Hut nehmen müsste. Schon kam der Name seines unterlegenen Gegenkandidaten Joachim Gauck wieder ins Spiel.

Immer noch bedauert Wulff nur sein Schweigen zur Anfrage im niedersächsischen Landtag, nicht den Privatkredit von einer befreundeten Geschäftsfrau zum Kauf eines Einfamilienhauses als solches. „Ich erkenne an, dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte“, sagt Wulff am Donnerstag. Aber falsch gemacht hat er eigentlich nichts, glaubt er.