Kaufkraft: Wo es in Deutschland Geld regnet

Die Bürger haben wieder mehr Geld zum Einkaufen – wenn sie denn in den „richtigen“ Regionen wohnen.

Düsseldorf. Das Klagelied zog sich durch die Jahre der Rezession: Die Binnennachfrage sei aufgrund von stagnierenden Löhnen und steigender Arbeitslosigkeit zu schwach. Den Menschen bleibe zu wenig Geld zum Konsumieren, zugleich würden sie von Existenzängsten geplagt und legten ihre spärlichen Gewinne lieber für schlechte Zeiten auf die hohe Kante.

Nach einer gestern veröffentlichten Studie des Münchner Markforschungsunternehmens Acxion scheint zumindest in Teilen des Landes die Trendwende geschafft: Für den privaten Konsum kann jeder Deutsche in diesem Jahr durchschnittlich 18 500 Euro ausgeben, das sind zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Das gesamte Kaufkraft-Volumen erreicht 2007 eine Summe von 1522 Milliarden Euro, 30 Milliarden Euro oder zwei Prozent mehr als im vergangenen Jahr.

Im Bundesland-Ranking positioniert sich NRW hinter Hessen, Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg auf dem fünften Platz. Tabellenführer Hessen erreicht einen Pro-Kopf-Index von 113,2 Punkten (zugrunde gelegt wird die Zahl 100 als deutscher Kaufkraft-Durchschnittswert). NRW bringt es auf 100,4 Punkte, Tabellenletzter Mecklenburg-Vorpommern erreicht nur 74,1 Punkte. Im Vergleich zum Vorjahr zählt NRW mit einem Minus von 1,9 Prozent allerdings zu den wenigen Verlierern in den alten Bundesländern. Bayern hingegen vergrößerte sein Kaufkraftvolumen um satte 7,1 Prozent.

Ja. Hätten die meisten Menschen in NRW so viel Kaufkraft wie die Bürger in den Rhein-Städten Düsseldorf, Köln, Bonn und deren Einzugsgebieten, wäre NRW noch vor Bayern das Land mit der höchsten Kaufkraft. Aber vor allem das strukturschwache Ruhrgebiet verdirbt den Schnitt: Die Menschen im Revier verarmen immer schneller und ziehen damit den Schnitt des ganzen Bundeslandes ins Minus. Auch Wuppertal, Mönchengladbach und Krefeld kämpfen mit Strukturproblemen, was sich im Budget der Bürger bemerkbar macht.

Nein. Die Wohlstandsschere klafft immer weiter auseinander. Während der Westdeutsche 2007 durchschnittlich 465 Euro mehr zur Verfügung hat als 2006 (+ 2,5 Prozent), erhöhte sich die Kaufkraft der Ostdeutschen lediglich um 62 Euro (+ 0,4 Prozent). Grund zur Sorge bereitet die Hauptstadt: Berlin steigt immer schneller ab. Während der Kaufkraft-Index 2005 noch bei 100 Punkten lag, erreicht er 2007 nur noch einen Wert von 90.

Aufgeschlüsselt nach Städten liegt München mit einer Kaufkraft von 26 650 Euro pro Einwohner im Jahr 2007 an der Spitze, gefolgt von Frankfurt am Main (21 786 Euro), Düsseldorf (21 646), Stuttgart (20 361) und Köln (20 239). Die Berliner haben mit 16 700 Euro Kaufkraft weit weniger Geld zum Ausgeben zur Verfügung.

Unter Kaufkraft versteht man das in privaten Haushalten für Konsumzwecke zur Verfügung stehende Einkommen, also das Geld, das nach Abzug aller regelmäßig wiederkehrenden Zahlungsverpflichtungen übrig bleibt. Marktforschungsunternehmen wie Acxiom versorgen die Wirtschaft mit entsprechendem Datenmaterial.

Die Statistiken sollen Unternehmen unter anderem Entscheidungshilfen für Standortfragen geben. Den Erhebungen der Institute liegen Daten des Statistischen Bundesamtes, der Kreise und Städte zugrunde. Für 2007 wurden von Acxiom Daten aus dem Vorjahr mit aktuellen Zahlen und Prognosen führender Wirtschaftsinstitute hochgerechnet.